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Österreich und die Ukraine

Wasch mich, aber mach mich nicht nass? Klare Positionierung jetzt nötig!

Mit dem Angriffskrieg Putins in der Ukraine müsste nun klar sein, dass Diktatoren meinen, was sie sagen. Putin will die Großmacht Russlands zurück und bombt sich auf die Weltbühne zurück. Das hat er in Syrien getan, in der Krim, nun in der Ukraine. Klar müsste auch sein, dass die westliche Einschätzung: „Der wird das doch nicht so meinen“ eine völlig falsche war. Ebenso war die Einschätzung falsch, dass Geostrategie und Diplomatie ohne militärische Kapazitäten möglich sind. Das bezeichne ich als das Ende der Naivität.

Jene Naivität, die in Teilen auch für die Appeasement-Politik der letzten Jahre verantwortlich ist. Aber es ist nicht nur Naivität.

Da sind auch massive wirtschaftliche Interessen und immense Energieabhängigkeit von Russland, die selbst nach der Annexion der Krim 2014 Sanktionen nur eher halbherzig haben ausfallen lassen, North-Stream 2 weiter vorangetrieben haben und Teile Europas von russischer Seite erpressbar gemacht haben. Österreich war da ganz vorne dabei. Ein „Fehler“ wie der nunmehrige OMV General Stern in einem Interview kürzlich meinte. Ein Fehler, der uns viel Geld kostet, die Ukraine aber unter Umständen ihre Eigenstaatlichkeit und viele Ukrainerinnen und Ukrainer das Leben.

Und dann gibt es noch einen dritten Aspekt der österreichischen Appeasement Politik: Unter dem Deckmantel der Neutralität und dem Kostüm eines Brückenbauers konterkariert Österreich seit Jahren gemeinsame europäische politische Linien. Das war 2014 so als Putin von Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer mit vollen Ehren empfangen wurde, die Wirtschaftskammer sich nicht verblödete unter dem Geplänkel über Diktaturen, die Ukraine und die Krim, Putin Standing Ovations zu zollen. „Putin versuche stets die EU zu spalten“, warnte damals der schwedische Außenminister Carl Bildt. Österreich ließ das gerne zu. Auch Sebastian Kurz traf Putin auffallend oft und der Kniefall der damaligen Außenministerin Karin Kneissl vor Putin bei deren Hochzeit wird heute noch gerne zur Bebilderung einer allzu Russland-freundlichen Politik genützt.

Und jetzt?

Österreich ist bei den Sanktionen dabei. Das ist wichtig und richtig. Noch nie gab es Sanktionen von dieser Tragweite gegen Russland und der Druck muss maximal erhöht werden auf Putin und auch die Oligarchen rund um ihn.

Aber kommt es jetzt wirklich zu einer Wende in der österreichischen Politik? Gegen ein Energieembargo stellten sich Österreich (und Deutschland) jedoch. Lang durchhalten kann man es nicht, aber auch ein kurzfristiges? Der Ukraine bleibt wohl ohnehin nicht viel Zeit und es spricht viel dafür, jetzt in den Sommer hinein härter, schneller, effektiver über die wirtschaftliche Flanke einen Frieden zu erzwingen.

Sind schon irgendwelche Assets von Oligarchen in Österreich eingefroren? Sind schon Eigentumsverhältnisse geklärt? Gibt es überhaupt schon eine Task Force, die sich darum kümmert?

Letzte Woche die Reise Nehammers nach Serbien: Vielleicht ging es auch darum, nicht in Wien zu sein, wenn die ganze Corona-Maßnahmen-Diskussion samt GECKO in die Luft fliegt. Man wäre solch eine Vorgehensweise von seinem Vorgänger gewohnt. Jedenfalls zeigte Nehammer in Serbien „Verständnis“ dafür, dass Serbien sich den Sanktionen gegenüber Russland nicht angeschlossen hatte. Unfassbar! Nicht einmal eine Woche nach dem Europäischen Rat in Versailles auf dem sehr klar und ungewöhnlich deutlich die Invasion Putins in die Ukraine als Angriffskrieg bezeichnet wird und alle europäischen Mitgliedstaaten geschlossen sich dazu bekannt haben, den Druck auf Russland zu erhöhen und wirtschaftliche Sanktionen auch auszuweiten, schert der österreichische Kanzler just gegenüber dem Beitrittskandidaten Serbien aus und zeigt Verständnis für letztlich eine klar pro-russische Haltung? Das Ganze wird umso schlimmer als Bosnien mit dem nationalistischen Zündeln Dodiks und der Gefahr einer Republica Srpska sich derzeit ganz genau zuschaut, wie erfolgreich Putin in der Ukraine ist.

Und zuletzt das unrühmliche Schauspiel der SPÖ in Sachen Rede Selenskis vor dem österreichischen Parlament. Eine falsch verstandene Neutralität oder ein provinzielles Herumeiern, was die klaffende Wunde der SPÖ in ihrem schwierigen Verhältnis zu Russland offenlegt.

Es ist nicht bloß ein kleiner Brandherd in der Ukraine. Es ist längst ein Flächenfeuer, das Putin angezündet hat und noch gerne anzünden möchte. Auf der Krim, im Donbass, in Moldau, in Georgien, auf dem Balkan, im Baltikum. Um das hier noch einmal klar zu sagen: Putins Aggression bedroht auch uns. Europa und auch Österreich. Die Ukrainerinnen und Ukrainer kämpfen auch für unsere Freiheit.

Die entscheidende Frage ist also: ist man bereit dazu Putin zu stoppen. Der Krieg muss enden und eine weitere militärische Eskalation ist zwingend zu vermeiden. Die Waffen niederlegen muss zuerst jedoch der Aggressor. Die Chance auf Frieden gibt es bloß, wenn die Kosten nicht an den Verhandlungstisch zu kommen zu hoch werden. Die Europäische Union scheint das verstanden zu haben. Man kann und muss von Österreich erwarten, dass es nicht wieder einen gemeinsamen europäischen Weg verlässt und alte Fehler macht: „Wasch mich, aber mach mich nicht nass!“ sollte ein für alle Mal nun ausgedient haben.

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