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Steuerreform: Ein großer Wurf ist dringend nötig

Beate Meinl-Reisinger
Beate Meinl-Reisinger

Entlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für Unternehmerinnen und Unternehmer, eine Ökologisierung des Steuersystems – die Ankündigungen und Versprechen dieser Bundesregierung hören wir schon lange. Aber es blieb bisher nur bei diesen Schlagworten, Konkretes, über das man diskutieren kann, blieb Fehlanzeige. Dabei ist ein wirklich großer Wurf, eine echte, ernstzunehmende und nachhaltige Reform so dringend notwendig. Die kargen Wortmeldungen, die wenigen Gerüchte und die bereits kolportierten Knackpunkte in den Verhandlungen lassen aber bereits erahnen: Es wird wieder nur an Schräubchen gedreht – einmal hier, und einmal da. Groß sind nur die Worte mit denen sich die türkis-grüne Regierung lobt oder medial loben lässt.

1. Säule: nachhaltige Entlastung aus Fairness gegenüber den Steuerzahlern

Die von der Regierung in Aussicht gestellte Entlastung ist zwar dringend nötig, wird aber nicht einmal das zurückgegeben, was uns allen in den Jahren davor zu viel aus der Tasche gezogen wurde: Der Finanzminister als Wegelagerer, seine Waffe: die kalte Progression!

Eine Steuerreform also als Taschenspielertrick, der sich bei allen Regierungen großer Beliebtheit erfreut hat. Ich zieh es Dir zunächst aus der linken Tasche damit ich Dir einen Teil später gönnerhaft in die rechte Tasche zurückgebe.

Und damit sind wir schon mittendrin bei der Frage, wie sieht denn eine Steuerreform aus, die wirklich entlastet? Was ist denn „ein großer Wurf“?

Jede und jeder hat den Wunsch, sich durch seine oder ihre Arbeit etwas aufzubauen, etwas zu schaffen – wie beispielsweise die Eigentumswohnung für die Familie. Ein Ziel, das für ganz Viele bereits jetzt illusorisch ist. Es bleibt am Ende des Monats viel zu wenig übrig, als dass noch groß gespart werden kann. Jetzt kommt noch ein weiterer Punkt, der dieses Ziel in noch weitere Ferne rücken lässt: Die Inflation steigt. Das Leben wird für uns alle wieder teurer, der Einzige, der sich darüber freuen kann, ist der Finanzminister: mit jedem Prozentpunkt, um den die Inflation steigt, werden ihm zusätzliche rund 250 Millionen Euro an Steuergeld ins Budget gespült.

Und damit ist völlig klar, wo eine echte Reform ansetzen muss, die wirklich mehr sein will, als nur ein gönnerhaftes Zurückgeben dessen, was uns allen bereits lange genommen wurde.

Vor ziemlich genau zwei Jahren saß ich in der letzten Elefantenrunde vor der Nationalratswahl und es wurde die Frage an alle gestellt „Soll die Kalte Progression abgeschafft werden?“ – es musste mit Ja/Nein Taferl geantwortet werden. Das Bild war einhellig: alle, auch Sebastian Kurz und Werner Kogler, antworteten mit einem klaren „Ja“. Also – worauf warten sie dann eigentlich noch?

2. Säule: Ökologisierung aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern

Arbeit muss entlastet werden, Umweltverschmutzung dafür einen fairen Preis bekommen, um Kostenwahrheit herzustellen. Um CO2-Ausstoss einen Preis zu geben gibt es verschiedene Ansätze: Die Industrie hat schon lange das System der Zertifikate etabliert. Im Bereich des Verkehrs gibt es derzeit jedoch keine Kostenwahrheit. Auch hier braucht es einen CO2-Preis, um Innovationen und technologischen Fortschritt zu ermöglichen. Das ist ein kernliberaler Ansatz: Mit Kostenwahrheit dem Verursacherprinzip folgen und so Marktmechanismen wirken lassen.

Dabei wird zentral sein, wie hoch der Preis angesetzt ist. Die Summen, die bisher aus den Verhandlungsrunden dringen, sind einfach zu gering. ES wird einen Stufenplan brauchen, aber wir haben errechnet, dass der Preis in etwa bei 350 Euro je Tonne CO2 liegen wird müssen, um tatsächlich die Transformation zu schaffen.

3. Säule: Massive Entlastung des Faktors Arbeit und Entlastung der Unternehmer – Leistung und Beitrag müssen sich lohnen

Gleichzeitig – und das ist essenziell – muss es zu massiven Entlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmerinnen und Unternehmer kommen. Denn das Ziel muss ja sein, dass allen mehr Geld am Ende des Monats übrig bleibt.

Daher müssen die Tarifstufen angepasst werden und die Lohnnebenkosten drastisch gesenkt werden. Das führt dazu, dass am Ende des Monats jedem Mitarbeiter, jeder Mitarbeiterin mehr Netto vom Brutto übrig bleibt – und die Lohnkosten für den Arbeitgeber sinken oder bei steigenden Löhnen zumindest gleich bleiben. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sehr wichtig: denn die, die arbeiten gehen, sollen einfach mehr zum Leben haben als die, die nicht arbeiten gehen.

Ebenfalls wichtig – und endlich umzusetzen: Die steuerliche Gleichstellung von Eigenkapital und Fremdkapital. Corona hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass Unternehmen auf möglichst soliden Beinen stehen. Solange es attraktiver ist, Fremdkapital aufzunehmen, wird das Ziel, die Eigenkapitalquote zu erhöhen, nie erreicht werden.

4. Säule: Schluss mit Politik auf Kosten der nächsten Generation

Das alles sind utopische Vorstellungen? Wird sich nie umsetzen lassen? Da halte ich dagegen: Mit politischem Willen, mit Mut und Durchsetzungskraft lässt sich das alles umsetzen. Dafür braucht es aber echtes Leadership, das auch dem gierigen Staat mit immer steigenden Ausgaben Einhalt gebietet. Gerade auch die ÖVP, die gerne in Sonntagsreden davon spricht mit dem „Schuldenmachen“ Schluss machen zu wollen, verantwortete seit Jahrzehnten stets steigenden Staatsausgaben. Ohne strukturelle Reformen bleibt es aber nicht nur dabei, dass die Staatsausgaben steigen, sondern auch, dass die Ausgaben nicht ausreichend auf Wachstum und Zukunft gerichtet sind: finanziert wird staatlicher Konsum der Vergangenheit anstatt in die Zukunft investiert. Wo bleibt ein Benchmarking-System der Bundesländer bei Förderungen untereinander? Wo bleibt die so dringend notwendige Pensionsreform, die dafür sorgt, dass auch kommende Generationen einen Anspruch zur Absicherung im Alter haben? Wo bleibt die enkelfähige Politik dieser Regierung? Und wo bleiben im Gegenzug Investitionen in Bildung, Forschung und Wissenschaft?

Wenn aber eine Bundesregierung nichts anderes kann als vor Wahlen mit Wahlzuckerln um sich zu werfen, um weiter an der Macht zu bleiben, dann schwindet die Hoffnung auf den Mut und den echten Gestaltungswillen dieser Regierung.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, in wenigen Wochen will der Finanzminister sein Budget im Nationalrat präsentieren – und damit auch die angekündigte Steuerreform. Das Drehen an kleinen Schrauben hat vielleicht bis jetzt gereicht, jetzt reicht es nicht mehr.

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