Das Demonstrationsrecht ist ein Bürgerrecht. Das zu nutzen, um gegen Bürgerrechte aufzutreten, ist gelinde gesagt frech.

Dieser Blogeintrag richtet sich an alle, die das Demonstrationsrecht benützen, um für ein Regime zu demonstrieren, das die Demonstrationsfreiheit mit Füßen tritt: Macht davon Gebrauch – es ist euer gutes Recht. Ich fordere aber auch Stringenz ein: Bitte setzt euch zu Hause für euer zu Hause ein.

Als liberaler Mensch ist man in Zeiten wie diesen sehr gefordert. Das gebe ich unumwunden zu. Liberale Prinzipien wie Bürger- und Menschenrechte dürfen unter keinen Umständen ein Schönwetterprogramm sein, das man immer dann aus dem Hut zaubert, wenn es einem passt oder wenn es niemandem wehtut.

Ich hab schon einmal hier zum Demonstrationsfreiheit gebloggt – im Zusammenhang mit „Jux“-Demos, die den Ring lahmlegen. Wir erinnern uns alle an die Udo Jürgens-Gedächtnis-Bademantel-Demo…

Mein Fazit damals: Wogegen oder wofür demonstriert wird, muss egal sein bei der Frage, ob eine Demonstration zulässig ist. Das gilt auch heute noch.

 

Ist es wirklich egal, wofür man auf die Straße geht?

Aber die Demo von über 4.000 glühenden AKP-Anhängern, die nationalistische-islamische Parolen geschrien haben und ganz nebenbei Minderheitenrechte ignoriert haben, fordert mich ganz schön. Hier demonstrieren Menschen für ein Regime, das die Demonstrationsfreiheit mit Füßen tritt. Hier profitieren Menschen von Bürgerrechten und Meinungsfreiheit, die es in dem Regime, für das sie eintreten nicht gibt. Hier berufen sich Menschen auf Rechte, die Minderheiten stets schützen und demolieren gleichzeitig kurdische Lokale.

Ja, geht’s noch?

Ja, es ist euer gutes Recht für Erdogan und seine Schergen und für eine fundamentalistische, nationalistische und islamische Türkei auf die Straße zu gehen. Aber bitte: Macht das doch in der Türkei!

Das Demonstrationsrecht kann und darf niemand einschränken. Man kann aber die legitime Frage stellen, wie viele von den Demonstranten eigentlich österreichische Staatsbürger sind, wie viele die doppelte Staatsbürgerschaft haben und wieso die eigentlich eingebürgert wurden.

Wenn sich AKP-Anhänger in Europa dem Siegestaumel hingeben, so frag ich: Habt ihr eigentlich eine neue Heimat gewählt? Hier gibt es Grundwerte, auf die wir stolz sind. Eine gemeinsame Wertebasis, die letztlich am Boden des Humanismus und der Aufklärung euch alle Rechte einräumt. Auch das Recht, Wahnsinnige in eurer ehemaligen Heimat zu unterstützen.

Aber: Ihr müsst euch entscheiden. Unser Gesellschaftsmodell basiert auf der unteilbaren Menschenwürde und auf dem Prinzip der individuellen Freiheit, die durch Grundrechte geschützt wird. Sie basiert auch auf einer prinzipiellen Trennung von Kirche und Staat.

Das bieten wir an, gepaart mit der Chance auf ein ökonomisch besseres Leben. Ihr müsste dafür weder eure Wurzeln, noch eure Kultur verraten. Aber die prinzipielle Lebensweise und die prinzipielle Gesellschaftsordnung sind nicht verhandelbar.

Toleranz bedeutet nicht tolerant zu sein gegenüber der Intoleranz. Eure nationalistischen Konflikte sind nicht unsere nationalistischen Konflikte. Sie haben hier nichts zu suchen. Bitte. Danke.

 

Was heißt das für die Politik?

Ausweisen? Verlust der Staatsbürgerschaft? Teil unserer Werte ist das Eintreten für den Rechtsstaat – also gibt es hier nur eine Antwort: Nein. Das heißt gleichzeitig aber auch, dass wir keine Kindergärten, keine Schulen, keine Moscheen, keine Vereine und keine Gruppierungen unterstützen, die unsere Wertebasis nicht mittragen. Falsch verstandene Toleranz führt in die Irre. Ein selbstbewusstes Eintreten für unser Werte- und Gesellschaftsmodell schafft den Raum der Freiheit, der alle Menschen gleich und frei an Würde geboren schützt.

Das heißt zweitens, dass es höchst an der Zeit ist sich mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft und türkischen Verbänden zusammenzusetzen und Spielregeln auszumachen.

Das heißt auch, dass es dringend an der Zeit wäre die Beziehungen der EU zur Türkei neu zu denken. Das gilt auch für das aus den 60er-Jahren stammenden Assoziierungsabkommen.

Es kann keine Beitrittsperspektive für ein Land geben, welches die Meinungs- und Pressefreiheit mit Füßen tritt, in dem andersdenkende Richter aus den Ämtern entfernt werden, in dem andersdenkende Beamte suspendierte und andersdenkende Menschen eingesperrt werden.

Sollte Erdogan auch nur mit dem Gedanken spielen die Todesstrafe wieder einzuführen ist klar, dass der Kandidatenstatus sofort entzogen werden muss.

 

30 Kommentare zu “Das Demonstrationsrecht ist ein Bürgerrecht. Das zu nutzen, um gegen Bürgerrechte aufzutreten, ist gelinde gesagt frech.”

  1. Brigitte Krupitza

    Brava, Beate! Klare Worte sind in der Politik selten geworden, um nicht Irgendjemand irgendwie auf die Füße zu treten. Du hast es auf den Punkt gebracht und eine deutliche Sprache für eine liberale Position gefunden!

  2. Verena Köb-Drexel

    Ganz deine Meinung! Danke für den Blog!

  3. Harald Haas

    Sehr gut geschrieben.

  4. Gerda Hillebrand

    ausgezeichneter Blog! Alles stimmig,

  5. Peter Rebernik

    Wenn eine Demonstration angemeldet und bewilligt ist, gilt das Demonstrationsrecht, selbst für Ausländer, egal zu welchem Thema, solange das Thema nicht gegen das Gesetz verstößt, denke ich. Das ist eine wichtige Errungenschaft Europas. Dass man denen, die in ihrer Heimat nicht ein solches Recht haben, hierzulande dieses Recht untersagen will, geht wohl auch nicht. Und dass sich einige Türken freuen, dass der militärischen Putsch keine Erfolg hatte, ist wohl nicht verständlich. Ich glaube, das versteht man unter liberal. Dass ihr Präsident sich vom „lupenreinen“ Demokraten wahrscheinlich weg entwickelt, sollte man durchaus aufzeigen und die Menschen davon mit Argumenten überzeugen. Aber das hat mit dem Demonstrationsrecht, glaube ich, eher nichts zu tun. Auch wenn einem die Demonstration persönlich nicht gefällt. Vielen Bergwerksunternehmern haben die Gewerkschaftsdemonstrationen in England vor langer Zeit auch nicht gefallen. Deshalb haben sie damals auch noch keine Demonstrationsrecht gehabt…

      • Peter Rebernik

        Wollte das nur klarstellen. Allerdings war die Demo, wie man jetzt erfährt, gewalttätig, vor allem gegen Kurden („Türkis“). Und ja, wir sollten unsere demokratischen Werte hochhalten. Aber wir sollten dabei auch berücksichtigen, dass es viele Türken gibt, die unsere Werte teilen – und möglichst vermeiden, pauschal zu verurteilen (was Sie ja ohnehin nicht machen). Schließlich gibt es ja auch Österreicher, die einige dieser Werte nicht teilen.

    • Christian Lapp

      „Wenn eine Demonstration angemeldet und bewilligt ist…“
      da diesen anmelden und bewilligen nachwievor in den medien und den köpfen herumschwirrt:

      die versammlungsfreiheit ist eines der hohen demokratischen güter, das uns jederzeit zusteht.
      die anmeldung ist kein ansuchen, sondern bloßes aviso, damit sich die polizei drauf einstellen kann: straßen sperren, schauen, dass nicht (zufällig oder gewollt) 2 demos am selben zeitort sind, evtl. für schutz sorgen.
      das ist so wie wenn du deinem nachbarn sagst, dass du eine party machst. er wird dann halt vllt nicht an dem abend mit den kindern im garten zeltln oder sein auto wegstellen, weil letztens ein betrunkenes pärchen auf der motorhaube sex ghabt hat und er es danach frisch polieren hat müssen.
      du bist einfach freundlich. seine genehmigung brauchst nicht. erst wenn es während der party probleme gibt (zu laut etc.) kann er was dagegen tun. nur in bestimmten fällen kann er vor der party was unternehmen – etwa, wenn schon zig deiner parties regelmäßig ausm ruder gelaufen sind (heftig, nicht bloß zu laut) oder du in der einladung schon zu straftaten aufrufst (wir demolieren die nachbarschaft!).
      wenn du eine demo nicht anmeldest, heißt das also bloß, dass du der polizei die arbeit schwerer machst. und dafür gibts konsequenterweise eine verwaltungsstrafe.
      allein, dass du bis zu 24 h davor zeit hast zeigt schon, dass es sich da um kein großartiges genehmigungsverfahren handeln kann.
      noch zu den begriffen: umgangssprachlich wird leider immer von anmeldung und genehmigter demo gesprochen. korrekt heißt es, die versammlung muss angezeigt werden. (huhu, wir machen da was. jetzt wissts bescheid.)
      genehmigung kanns für etwas ganz prinzipiell erlaubtes gar keine geben.
      die absurde frage des kaisers anno 1848, „jo dürfns denn dos?“, ist heute klar mit ja zu beantworten.
      nur aus schwerwiegenden gründen (zb aufruf zu straftaten) kann die demo untersagt werden. das gilt aber mit oder ohne anmeldung. eine spontandemo kann ja vor ort untersagt werden. aber eben nicht bloß wegen fehlender anmeldung (korrekt anzeige).
      um es wiederrum den veranstaltern leichter zu machen, kann die behörde schon frühzeitig eine nichtuntersagung aussprechen. das ist aber ebenso wie die anmeldung im prinzip nur ein freundlicher akt.

    • groovejam

      Die Demo war nicht angemeldet, was aber angesichts der überraschenden Umstände und der nächtlichen Uhrzeit nicht das Problem für mich ist. Nicht jede spontane Demo braucht meiner Meinung nach den Sanktus der Justiz. Sehr wohl ein grosses Problem ist, dass es auch zur Verwüstung eines kurdischen Lokals und div. Körperverletzungen kam. Ja, auch bei Kurden-Demos kam es schon zu Konflikten, aber das rechtfertigt nun keine Straftaten auf der anderen Seite. Hier wird für das Erdogan-Regime demonstriert, das selbst viele Bürgerrechte mit Füssen tritt. Das ist ein Hohn sondergleichen. Viele dieser Leute schwingen in Österreich die Türkische Flagge und skandieren Erdogan-Parolen und Allahu Akbar. Wenige Stunden vorher haben Terroristen diesen Gott-ist-groß-Spruch ebenfalls gerufen. Da frage ich mich, was wollen sie damit bezwecken? Man kann gegen oder für alles demonstrieren, das hält eine Demokratie schon aus, aber ich halte diese Demo und die grosse Anzahl der Erdogan-Sympathisanten für sehr bedenklich. Das ist für mich der verlängerte Arm eines Regimes, den wir im Auge behalten sollten und nicht wieder nur beschwichtigen dürfen. Glühende Fans und Verehrer von Erdogan sind keine Freunde der Demokratie.

  6. Barbara Haid

    Danke für die sehr klaren Worte!

  7. christinedelnicki

    Volle Unterstützung!

  8. Herbert Schallmeiner

    Es war keine genehmigte Demonstration, daher illegal!!!! Das gehört geahndet!

    • Christian Lapp

      demonstrationen brauchen keine genehmigung! sh. mein langer kommentar 3 posts weiter oben.

      • reinhard4711

        § 2. (1) Wer eine Volksversammlung oder überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, muß dies wenigstens 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (§ 16) schriftlich anzeigen. Die Anzeige muß spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen.
        https://www.jusline.at/Versammlungsgesetz_(VersG).html

        • Peter Rebernik

          Und außerdem dürfen Organisator, Leiter und Ordner keine Ausländer sein. Demonstrationsrecht steht nur Inländern zu, laut Gesetz!

  9. bodo grebner

    Hervorragend argumentiert,kann ich nur voll unterstützen.

  10. Josef Dengler

    Es ist kompliziert, aber du hast es klar und eindeutig ausgedrückt:
    Wer für jemanden demonstriert, der das Demonstrationsrecht einschränkt, darf in seinem Demonstrationsrecht nicht eingeschränkt werden.
    Danke für diese klare Aussage.
    Gleichzeitig ist Personen, die dieses Recht ausnützen, um es letztlich abzuschaffen, mit der Strenge des Verfassungsschutzes zu begegnen.
    Auch diese Aussage ist klar.
    Eine wherhafte Demokratie kann beides vereinen, und muss es auch.

    • R C

      Also. Ich denke die Türkei kämpft zurzeit mit einem weitaus größerem Problem. Hochverrat durch das eigene Bundesheer.
      Die türkische Bevölkerung verlangt die Einführung der Todesstrafe, damit die Hochverräter ihres eigenen Vaterlandes hart bestraft werden.

      Die Todesstrafe gibt es in den USA, in Saudi Arabien und Indien, sowie vielen Ländern der Welt.

      Die EU ist ein nebensächliches Thema geworden. England hat abgestimmt und will raus aus der EU. Auch wenn man es nicht glauben will, setzt Österreich erste Zeichen dafür, eben durch die Wahlergebnisse, dass sie raus aus der EU will.

      Das ist eine Tatsache! So wahrscheinlich auch weitere Länder der EU.

      Der türkische Bundespräsident hat seinem Volk geantwortet und gesagt, dass in der Türkei eine Demokratie herrscht und dass das Verlangen des Volkes nach Wiedereinführung des Todesstrafe auf jedem Fall behandelt wird.

      Hochverrat wird auf jedem Fall hart bestraft werden, das hat die TBMM in der Türkei live im Sender mitgeteilt.

      • Josef Dengler

        Viel Spaß beim Demonstrieren in der Türkei. Wenn Ihr Präsident (ich gehe mal davon aus, dass Sie das so sehen) „sagt, dass in der Türkei eine Demokratie [herrscht] (Hervorhebung von mir)“, dann ist das natürlich so und basta – sein Wort hat nicht angezweifelt zu werden. Nach diesem Prinzip wird die Türkei offenbar jetzt „gesteuert“. Jetzt mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass Ihr Herr „Bundespräsident“ nach der türkischen Verfassung ÜBERHAUPT keine exekutive Gewalt hat, sondern ausschließlich Repräsentationsaufgaben. Aber die Verfassung ist dem Mann offenbar egal.
        Sie sind offenbar für die Todesstrafe. Bleibt Ihnen unbenommen. Sie halten die EU für ein „nebensächliches Thema“. Bleibt Ihnen ebenfalls unbenommen.
        Nur entspricht dies nicht dem gesellschaftlichen Konsens hierzulande.

  11. Christian Meindl

    Ich möchte in Anlehnung an diesen Blogeintrag Wilhelm Busch zitieren der gesagt hat „Toleranz ist gut, aber nicht gegenüber den Intoleranten.“

    Vor gut 20 Jahren habe ich Huntington gelesen, vorwiegend wegen der Kritik an seinen Aussagen und auch ich konnte mit dieser Schwarzmalerei nichts anfangen. Im Zuge der letzten Anschläge in Paris habe ich gewisse Passagen nochmals gelesen und sehe sie nun in einem anderen Kontext. Auch die beschriebene Demonstration fällt in eine Aussage Huntingtons die mir in Erinnerung geblieben ist. Er meinte, das Problem des „Westens“ sei seine schwachen Staaten, welche die Schranken nicht klar und durchgreifend setzen. Ein schwacher Staat wird nicht Ernst genommen und seine Prinzipien mit Füßen getreten.
    Wenn Demonstranten in Wien ein Lokal zertrümmern und die Polizei schaut zu und unternimmt nichts, dann wird das Konsequenzen haben. Der Staat ist schwach und das Mittel der Gewalt wird fortgesetzt. Es passiert ja eh nichts. Viele junge und vor allem ungebildete Menschen fühlen sich aber einem starken Staat zugehörig. Das führt zu einem Erstarken der rechten Parteien in Europa, das führt zu einer diktatorischen „Demokratie“ in der Türkei. „Führer“ werden gesucht die Stärke zeigen, der humanistische Ansatz von Freiheit und Gleichheit gerät ins Wanken.

    Wie viel Freiheit werden wir in Zukunft für unsere Freiheit aufgeben müssen?

  12. christinedelnicki

    Ich nehme vermehrt wahr, dass unsere Volksvertreter (auch z.B. Peter Pilz) sich nun mit klaren und überlegten Worten zu Wort melden. Das begrüße ich aus vollem Herzen. Das hätte man vor einem Jahr gebraucht. Wenn die Regierung klar denkt, humanistisch regiert und im Einvernehmen mit den Bürgern steuert kann sich der Bürger sich orientieren und braucht nicht das Gefühl haben, selbst eingreifen zu müssen.

  13. Christian Lapp

    ich poste hier mal was, das eigentlich für alle politischen diskussionen gilt:
    es wird kaum oder zuwenig differenziert zwischen dem, was jemandes zivilgesellschaftliche meinung ist und dem, was man sich in ein gesetz gegossen wünscht.
    bei politiker_innen ist das noch relevanter, als sie ja an den hebeln der gesetzgebung sitzen.
    ich verstehe b. m-r. so, dass das ihre kritische, persönliche meinung ist, aber sie gesetzlich nichts ändern möchte – ganz sicher bin ich mir aber bei details nicht.

    ich war freitag nacht dort und not amused über das, was da abgegangen ist. ich möchte sowas nicht auf den straßen wiens erleben (genauso wie einige andere demos und co.). und ich werde mich im rahmen meiner zivilen möglichkeiten dagegen einsetzen.
    aber auf keinen fall möchte ich, dass nur im geringsten am grundrecht der versammlungsfreiheit herumgedoktert wird!
    — beim verhalten der polizei in dieser nacht gibt es aber einiges nachzubessern: sie haben zwar die türk. botschaft und das parlament beschützt, dazwischen waren sie aber verschwunden. bloß einzelne verkehrspolizisten haben in 100-200 m entfernung kreuzungen gesperrt. die ringstraße war, wenn ich das so polemisch sagen darf, fest in türkischer hand.
    dass sich manche bei dieser aufgeheizten stimmung und mangels panzern, an denen man sich wie die kollegen in der türkei als echter mann beweisen könnte, irgendjemand als „gegner“ ausgesucht haben, sollte nicht verwundern. den schwarzen peter habe ich als pressefotograf gezogen und wurde – nicht schlimm aber doch – attackiert. bei der samstag-demo war es dann mit einem kurdischen lokal das „übliche“ opfer.

    und auch wenn’s noch so oft von der polizei via APA abgeschrieben wird: da waren keine 4000! eher mMn 500+, selbst bei großzügiger einbeziehung aller herumfliegenden maikäfer und tauben waren es allerallerhöchstens 1200, wie die einzigen anwesenden journalisten nathan spasic, markus sulzbacher und ich übereinstimmend berichten. (zwecks tatsachen. inhaltlich aber unerheblich.)

  14. Dieter Fussi

    Kommentar hat den Nagel auf den Kopf getroffen! Toll!

  15. Jürgen Konecny

    Recht herzlichen Dank für diese Worte. Sie sprechen mir aus tiefsten Herzen. Ich hatte schon an mir gezweifelt, da ich immer mehr zur Überzeugung gekommen bin (die letzten Tage waren ja nur die Spitzen der Auswüchse verfehlter Integrationspolitik), dass es etwas verdammt falsch läuft in unserer Heimat und ich doch wohl zu wenig tolerant bzw. liberal sei.

  16. Georg Stefan Blaimauer

    super Text abgesehen von einem Absatz „Das heißt zweitens, dass es höchst an der Zeit ist sich mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft und türkischen Verbänden zusammenzusetzen und Spielregeln auszumachen.“

    Man muss keine ausmachen, die sind festgelegt in der Verfassung, im Gesetz usw. An die gilt es sich für ALLE zu halten.

  17. Walter Naderer, Provinzpolitikrr

    Nationalismus ist immer Nationalismus, egal mit welcher Fahne!

    2 grundlegende Feststellungen sind noch zu ergänzen, die unsere Grundwerte von Toleranz und Vergebenskultur in diesem Diskurs über Nationalismus erklären sollen:
    Gerade auf österreichischem Boden ist die Bewertung von nationalistischen Aktivitäten vorgegeben , noch dazu wenn sie am Heldenplatz geschehen. Dort wurde einst einem menschenverachtenden Diktator in einer Form gehuldigt, dass dafür noch von Generationen danach eine kollektive Verantwortung eingefordert wird. Eine Bevölkerung die mit diesem geschichtlichen Hintergrund ein gesellschaftspolitisches System geschaffen hat, das für viele anziehend wirkt, übt Toleranz nur in Bereichen, die nicht aus dem Selbstverständnis heraus negativ besetzt sind. Der Begriff NATIONALISMUS ist in Österreich negativ besetzt, egal mit welcher Fahne.
    Christlich Gesellschaftsformen und christliche Kultur haben sich nach langen Perioden der Menschenverachtung und absoluten Machtausübung dort hin entwickelt, wo sie der Namensgeber sehen wollte: weg von der Vergeltung (Aug um Aug) hin zur Vergebung. In dieser Idee wurzeln viele Grundprinzipien unseres Rechtsstaates u.a. Gleichbehandlungsprinzip, Freiheitsrechte aber auch moderner Strafvollzug. Vergebungskultur geht aber sicher nicht soweit, durch falsch verstandene Toleranz gegenüber Vergeltungskultur sich selbst in Frage zu stellen und erreichtes über Bord zu werfen! Wer zu dumm ist dem zum Folgen, hat in Österreich die Möglichkeit sich darüber zu informieren und sich zu bilden, wenn sie,er es will.

  18. Otmar Rützler

    Der Führer rief -das Volk kam! Der Militärputsch wurde verhindert. Nach Aussagen europäischer Politiker ein Sieg der Demokratie. Ich ziehe das stark in Zweifel. Die Türkei ist bereits vom politischen Islam durchdrungen. Dieser ist weit weg von der Demokratie. Sprüche wie „Der Putsch war ein Gottesgeschenk“ und „Gott ist groß“ in Bezug auf staatliche Organisation lassen mich erschauern. Die Republik des Mustafa Kemal Atatürk wurde nun endgültig zu Grabe getragen. Keine Trennung mehr von Staat und Religion. Und der lange Arm des Präsidenten Erdogan reicht bis Österreich und Deutschland. Mich fürchtet!

  19. Rainer Dorn

    Keine Toleranz für Intoleranz, wie es Beate auf den Punkt und viele hier bestärkt haben. Gespräche mit türkischstämmigen Österreichern in den letzten Tagen haben gezeigt, dass sich viele von den Erdoganfans unter Druck setzen lassen müssen und daher öffentlich es nicht wagen, ihre Meinung zu äußern. Der Spalt geht quer durch deren Familien. Wir wissen, welche überragende Bindungswirkung dort Familien haben.

    Diese eingeschüchterte Menschen müssen von uns erfahren, dass wir jetzt nicht überreagieren werden. Aber sie müssen andererseits auch spüren, dass wir ihre kritische Haltung zu den Vorgängen in der Türkei verstehen und stützen. Wir zeigen Ihnen unsere Verbundenheit besonders mit den Menschen in der Türkei, die irgendwann die Folgen der Radikalisierung in der Gesellschaft tragen werden müssen.

    Hier und dort sind das Bindeglied die Menschen, von der hohen Diplomatie brauchen wir in der momentanen Lage nichts erwarten, weil sie längst auf beiden Seiten zahnlos, konturlos und unverständlich wurde. Darüber werden wir in Europa auch noch reden müssen, ungeschminkt, klar und unmissverständlich.