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Das Recht geht vom Volk aus?

Heute früh bin ich auf dem Weg in mein Büro vor einem Wahlplakat von Norbert Hofer stehen geblieben. Lange Zeit schaute ich darauf und wusste nicht genau, was mich so irritiert. Dann fiel es mir auf: Da steht „Das Recht geht vom Volk aus“.

hofer-wahlplakat

Bis dahin hatte ich – zigmal vorbeigehend am Plakat – den Spruch als Zitat der Bundesverfassung zur Kenntnis genommen. Nun wurde mir klar. Das ist kein Zitat.

Art. 1 der österreichischen Bundesverfassung heißt: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“

Kleinigkeit, könnte man meinen, der Unterschied sei irrelevant. Ist er nicht.

Ihr Recht geht vom Volk aus. Das Recht der Republik geht vom Volk aus, nicht das Recht geht vom Volk aus. Das Volk ist der oberste Souverän. Von ihm geht die Macht aus. Alles Recht – die Summe aller Rechtsnormen muss auf das Volk zurückführbar sein. Alles Recht muss im Sinne von Kelsen verfassungsmäßig zustande gekommen sein.

Hofer und die FPÖ sagen aber etwas Anderes. Das Recht geht direkt vom Volk aus. Damit kann Zweierlei gemeint sein. Die Verschiebung von repräsentativer Demokratie zu direkter. Hier gibt es unterschiedliche Modelle und Traditionen. Mehr direkte Demokratie würde auch meiner Meinung nach nicht schaden, weil es Verantwortungsträger dazu zwingt, offen und transparent zu kommunizieren.

Damit kann aber auch etwas Anderes gemeint sein: Recht im Sinne von „Gerechtigkeit“, Legitimität anstatt von Legalität. Hier sind wir beim Volkswillen. Das völlige Gegenteil des der österreichischen Bundesverfassung zugrundeliegenden Rechtspositivismus‘.

Es gab schon eine dunkle Zeit, in der man sich bei der Auslegung gesetzlicher Regeln auf den Volkswillen – im Sinne einer „völkischen Gesetzesinterpretation“ – berufen hat. Vage Normen im Sinne des postulierten Volkswillens interpretiert und angewandt.

In dieser Dimension muss das nicht gemeint sein mit diesem Claim.

Ein Spielen jedoch mit Gedanken jenseits der derzeitigen Verfassung ist jedenfalls gemeint. Ein Grundmisstrauen gegenüber dem österreichischen Gesetzgeber inklusive. Was „die da oben“ beschließen ist nicht das, was „wir da unten wollen“.

Die Kritik an der Repräsentanz des Souveräns – des Volkes – durch den Gesetzgeber teile ich aufgrund des realpolitischen Mauerblümchendaseins des österreichischen Parlaments und einer „Lexekutive“, die wesentliche Säulen der Gewaltentrennung aushebelt und aus den Kabinetten heraus parteipolitischen Klientilismus betreibt.

Dies liegt jedoch mehr an der Realverfassungspraxis von Rot-Schwarz, als an der Verfassung selbst.

Hofers Claim musste also lauten: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“  Tut er aber nicht.

Die Fragen, die der Claim damit aufwirft, bereiten mir Sorge.

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