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Under Pressure

Die Mitte ist immer stärker unter Druck. Das Freiheitsgefühl stagniert auf einem Tiefpunkt.

Wie frei fühlen Sie sich? Die Freiheit ist ein höchst subjektives Gefühl, das sich durch eine Fülle unterschiedlicher Faktoren definieren lässt. Klar ist, dass die individuelle Freiheit nicht losgelöst existiert, sondern in großem Maße bedingt ist durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Die Frage, wie frei sich Österreichs Bürgerinnen und Bürger fühlen, gibt daher umfassend Aufschluss über die Stimmung in unserem Land. Aus diesem Grund hat Sora vergangene Woche im Auftrag des Thinktanks NEOS Lab zum fünften Mal den „Freiheitsindex“ veröffentlicht.

Die Befragung zeigt, dass trotz der Entschärfung der gesundheitspolitischen Krise das Freiheitsgefühl auf einem Tiefpunkt stagniert. Während im Jahr 2019 noch 56 Prozent der Befragten ihr gegenwärtiges Leben als frei empfunden hatten, waren es 2022 nur noch 39 Prozent. Dies ist einerseits auf finanzielle Sorgen zurückzuführen, die in Zeiten von Inflationsraten jenseits der 10-Prozent-Marke zunehmend auch die Mitte der Gesellschaft betreffen. So gibt die Hälfte derer, die man als klassische Mittelschicht bezeichnen würde, an, dass sich ihre finanzielle Situation verschlechtert hat. Besonders stark ist die Gruppe der 30- bis 59-Jährigen betroffen. Dieser Wert ist alarmierend, denn gerade in dieser Lebensphase würden sich die Menschen gerne aus eigener Kraft etwas aufbauen, sei es nun die Gründung einer Familie oder der Kauf einer Wohnung. Doch auch das scheint für die meisten ein unerreichbares Ziel zu sein, denn knapp 80 Prozent stimmen der Aussage (sehr) zu, dass man, egal wie sehr man sich anstrengt, mit eigener Leistung kaum noch Eigentum erwerben kann.

Andererseits leidet das Freiheitsgefühl auch enorm unter dem steigenden Misstrauen gegenüber der Politik. So sind 71 Prozent sehr oder ziemlich der Ansicht, dass politische Eliten sich ausmachen, was im Land passieren soll. Dieser Wert ist in der Mittelschicht mit 83-prozentiger Zustimmung noch ausgeprägter. Österreichs Mittelstand, Leistungsträger unserer Gesellschaft, fühlt sich somit zunehmend ohnmächtig. Eine Tatsache, die insbesondere bei den Volksparteien die Alarmglocken schrillen lassen sollten. Zu oft in unserer Geschichte sind Ohnmachtsgefühle umgeschlagen in autoritäre Tendenzen.

Die Ergebnisse des „Freiheitsindex“ sind ein eindeutiger Auftrag für die Politik. Nach krisengebeutelten Jahren verfestigt sich der Frust zunehmend auch in der Mitte der Gesellschaft. Doch gerade die Mitte braucht eine positive Zukunftserzählung, ein echtes Zukunftsversprechen. Denn eine stabile Mitte bildet das Fundament für liberale Demokratien. Für ein Österreich der Zuversicht im Jahr 2023 ist Mut, Gestaltungswille und Leadership für eine neue Politik erforderlich. Damit die Menschen in dieser Rekordteuerung nicht nur leben, sondern sich auch etwas aufbauen können. Damit wir das Vertrauen nach all den Skandalen wiedererlangen. Und damit wir Österreich an die Spitze bringen.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

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