Die Flächenwidmung muss auf eine überregionale Ebene gehoben werden.

Vor Kurzem tauschte ich mich mit einer Österreicherin aus, die seit einiger Zeit im Ausland lebt und einen dementsprechend distanzierten Blick auf die politische Lage hierzulande werfen kann. Ihre Einschätzung war vor allem von Verwunderung geprägt. Verwunderung darüber, wie hartnäckig Stillstand und konservative Reformfeindlichkeit sich in die österreichischen Machtstrukturen eingenistet haben. Auf die von uns gestartete Debatte zur Bodenversiegelung war die einzige Reaktion ein lautes „Nein!“. Ohne auch nur in Ansätzen auf die unbestreitbar bestehenden Probleme mit Raumordnung und Widmungskompetenz einzugehen.

Die Hochwasserkatastrophen und Bilder wie beispielsweise aus Graz, haben uns sehr drastisch vor Augen geführt, wozu eine überbordende Bodenversiegelung führt, wenn das Wasser nicht abrinnen kann. Aber dieses Thema ist nur ein Teil des Problems. Das tägliche hektarweise Zubetonieren unserer Landschaft führt zu einer Zersiedelung, die in Europa ihresgleichen sucht. Die Vollverbauung der Seeufer, die vielen Gebäude in roten Zonen, die aus dem Boden schießenden Zweitwohnsitzdörfer – die massive Bodenversiegelung ist weit mehr als ein ausschließliches, aber so wichtiges Klimaschutzthema:

Es geht um Baukultur genauso wie zumindest strukturbedingte Korruptionsneigung. Letztlich geht es hier um ein System, das völlig falsche Anreize setzt und über systematische und systemische Überforderung von Bürgermeistern und Gemeinden. Kontrolle wird nicht immer gelebt, Begehrlichkeiten sind allseits groß.

Klar ist: Die Lösung muss darin liegen, Gemeinden zu entlasten, indem die Flächenwidmung auf eine verbindlichere überregionale Ebene gehoben wird. Weiters soll ein Bundesrahmengesetz und ein bundesweiter Infrastruktur-Gesamtplan ein einheitliches Vorgehen der Länder sicherstellen.

Die parteipolitischen Reaktionen und die breite Blockade, die unsere Vorschläge in den letzten Wochen hervorgerufen haben, zeigen deutlich die antiquierte Herangehensweise: Mit der Einstellung „wasch mich, aber mach mich nicht nass“ werden wir den großen Herausforderungen nicht beikommen können. Aber die Bereitschaft, etwas zu verändern, um dieses Land langfristig zu verbessern und das System nachhaltig auf tragfähige Beine zu stellen wird ausgerechnet von den Regierungsparteien nicht mitgetragen.

Nur durch konstruktive Reform- und Gesprächsbereitschaft werden wir es schaffen können, dass die kommenden Generationen nicht genauso verwundert zurückblicken, wie es viele Beobachter aus dem Ausland heute tun und sich fragen, wie es denn je so weit kommen konnte. Wir sind bereit, auch an übermorgen zu denken und die Dinge anzupacken. Für ein neues Österreich.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

Die Regierung verspricht, „weiter“ zu entlasten – und gibt doch nur die Mehrbelastung der kalten Progression zurück

Für uns Österreicher ist die „Steinzeit“ eine Gefahr. Allerdings liegt das nicht an einem vermeintlichen Rückschritt durch zu viel Klimaschutz, wie Bundeskanzler Sebastian Kurzwarnt, sondern an zu wenig Reformmut – besonders offensichtlich ist das in Geldfragen. Denn kaum etwas ist derart veraltet und rückwärtsgewandt wie das österreichische Steuer- und Abgabensystem. Hunderte, komplizierte Ausnahmen, unökologische Pendlerförderungen und die anachronistische kalte Progression zeigen, dass in der Steuerpolitik seit Jahrzehnten an besonders kleinen Schrauben gedreht wurde.

Die Steuerzahler hatten davon wenig bis nichts. In den vergangenen Jahrzehnten vermochte kaum eine Steuerreform nachhaltige Impulse zu setzen. Die OECD hat jüngst wieder gezeigt, dass das Arbeitseinkommen eines Durchschnittsverdieners nur noch in Belgien und Deutschland höher besteuert wird, hierzulande sind es 47,3 Prozent. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Abgabenbelastung in Österreich nicht reduziert. Andere Sozialstaaten wie Dänemark oder Schweden haben es in den vergangenen Jahren hingegen geschafft, den Faktor Arbeit mit mutigen Reformen nachhaltig zu entlasten.

Steigende Preise

Woran liegt das? Ein Grund ist die kalte Progression – sie ist das Körberlgeld für den Finanzminister, weil das Steuersystem geflissentlich „vergisst“, dass die Preise in Österreich steigen. Sie sorgt für einen steuerlichen Jo-Jo-Effekt. Auf eine kurzfristig erfolgreiche Diät folgt ohne eine nachhaltige Umstellung wieder eine Zunahme der Steuerlast. Solange die Preise und Löhne steigen, sorgt die kalte Progression für automatische Steuererhöhungen – und zumindest die Preise steigen nach der Pandemie schon kräftig.

Dieser Tage ruft auch der „Tax Freedom Day“ in Erinnerung, dass der Staat hierzulande einen besonders großen Teil der Einkommen mit Sozialabgaben und Steuern belastet. Im Schnitt arbeiten wir demnach erst ab dem 8. August für die eigene Tasche, und das spricht eigentlich für eine große Steuerreform. Wenn nun die Regierung am Ende ihres Sommerministerrats auf allen Kanälen verspricht, „weiter entlasten“ zu wollen, dann muss schon genau hingeschaut werden. Denn geplant hat Türkis-Grün eine Entlastung der Arbeitseinkommen über eine kleine Senkung der Einkommensteuersätze. Wie klein?

Wenn Türkis-Grün die Einkommensteuertarife wie angekündigt auf 20/30/40 Prozent für die ersten drei Steuerstufen anpasst, bringt das nur 2,3 Milliarden Euro. Würde sie die Steuerstufen hingegen mit der Inflation anpassen, dann wäre der Entlastungseffekt im Vergleich zu 2016, dem Jahr der letzten Steuerreform, 2,8 Milliarden Euro. Die Regierung würde mit ihren Steuerplänen also nicht mehr als die kalte Progression kompensieren.

Die international sehr hohe Steuerlast finanziert nicht nur den gut ausgebauten Sozialstaat. Die Abgabenbelastung ist zunehmend auch die Bestrafung der Steuerzahlenden für die Reformmüdigkeit der Regierenden. Daher muss mit dem steuerlichen Klein-Klein jetzt Schluss sein, weil wir nach der Pandemie mehr brauchen, um aus der Krise zu kommen. Der Fachkräftemangel, die Schwierigkeit von Unternehmen, Mitarbeiter zu finden, wird dadurch verschärft. Die Arbeitslosigkeit liegt zwar noch immer über dem Vorkrisenniveau, trotzdem gibt es bereits einen massiven Fachkräftebedarf.

Parteiübergreifende Reform

Zuletzt waren beim AMS 113.000 offene Stellen gemeldet – ein Rekord. Neben dem Ausstieg aus der Kurzarbeit kann auch die Entlastung des Faktors Arbeit dazu beitragen, die Problematik zu entspannen. Schließlich sorgt der Staat aktuell dafür, dass Mitarbeiter zu viel kosten und zu wenig verdienen: as ist ein großer Anreiz, Standorte aus Österreich abzusiedeln oder zu automatisieren, und macht auch den Vermögensaufbau unnötig schwierig.

Mit einem parteiübergreifenden und mutigen Reformkurs ist eine große Entlastung möglich, das haben genug andere Länder vorgemacht. Die Zeit dafür ist längst reif, und eine Reform der Besteuerung von CO2-Emissionen ist ein perfekter Anlass dafür, den Faktor Arbeit wesentlich stärker als bis dato kommuniziert zu entlasten. Die Spielräume für die Entlastung können geschaffen werden: durch eine Standortstrategie, die in den Themenfeldern Digitalisierung und Bildung von den internationalen Vorbildern lernt; durch eine Föderalismusreform, die Doppel- und Dreifachgleisigkeiten abbaut und gerade die Länder aus der Komfortzone reißt, zwar viel Geld ausgeben zu können, aber sich nicht um die Einnahmen kümmern zu müssen; und natürlich durch mehr Generationenfairness, indem die Menschen wie in anderen entwickelten Wohlfahrtsstaaten später in Pension gehen.

Aus der Steinzeit

Was die Regierung nun ankündigt, wird nicht verhindern, dass in Österreich auch weiter Durchschnittsverdiener Steuern und Abgaben wie anderswo Spitzenverdiener zahlen. Wenn man sich ansieht, wie stark eine Entlastung ausfallen müsste, um die Besteuerung des Faktors Arbeit wieder auf den Schnitt der Eurozone zu senken, kommt man auf eine Summe von rund zehn bis zwölf Milliarden Euro. Das wäre ein erster Schritt, um steuerpolitisch aus der Steinzeit und rein in die Zukunft zu kommen.

Diesen Kommentar habe ich gemeinsam mit Lukas Sustala, Direktor im NEOS Lab, in der Tageszeitung DerStandard veröffentlicht.

Ein modernes Medienhaus braucht moderne Strukturen.

Der ORF steht vor der großen Herausforderung, sich zukunftsfit aufzustellen – Stichwort Digitalisierung. Um im Umfeld des 21. Jahrhunderts noch seinem öffentlichen Auftrag nachkommen zu können, muss der ORF sich allerdings grundlegend erneuern. Zu dieser Erneuerung zählt auch und gerade eine strukturelle Neuordnung: Die Zeiten politischer Einflussnahme auf den Sender über parteipolitisch gelenkte Stiftungsräte müssen vorbei sein. Wenn der ORF ein modernes Medienhaus werden will, dann braucht er auch moderne Führungsstrukturen. Dem zugrunde liegen die fundamentalen Fragen, welchen öffentlichen Wert – welchen Public Value – der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Verfügung stellen soll und ob der ORF in seiner aktuellen Gestalt dieser Aufgabe nachkommen kann.

Für eine lebendige Demokratie ist eine mündige, gebildete und informierte Bevölkerung dringend notwendig. Essenziell für eine solche Bevölkerung ist der niederschwellige Zugang zu professionell und neutral aufbereiteter Berichterstattung über Politik, Gesellschaft und Kultur. Wer dies als eine Voraussetzung für eine moderne Demokratie akzeptiert, kommt nicht umhin, sich mit der Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Überbringer dieser Informationen auseinanderzusetzen und diesen als wichtige Säule unserer Demokratie zu akzeptieren. Die genaue Formulierung dieses öffentlichen Auftrags sollte in einem breiten Diskurs festgesetzt werden, um ein klares Ziel für den ORF festzumachen.

Eines ist allerdings schon jetzt klar: Die veraltete Silostruktur des ORF, die Abteilungen voneinander isoliert, und die institutionalisierte politische Einflussnahme führen schon seit Jahren dazu, dass Österreichs wichtigstes Medium der Aufgabe des Public Values immer weniger gut nachkommen kann. Wir haben klare Vorstellungen und Konzepte ausgearbeitet, um den ORF grundlegend zu reformieren und transformieren, hin zu einem modernen Medienhaus nach dem Maßstab vergleichbarer, internationaler Unternehmen mit professionellen Governance-Strukturen. Durch einen mehrköpfigen Vorstand, der sich aus (international) qualifizierten, politisch unabhängigen Personen zusammensetzt, kann diese Transformation auch gelingen. Darüber hinaus soll eine Hauptversammlung, bestehend aus gelosten Vertretern der Bevölkerung, Repräsentantinnen und Repräsentanten der Zivilgesellschaft sowie Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien, einen unabhängigen Aufsichtsrat wählen.

Das Fiasko der ÖBAG sollte ein deutliches Warnsignal dafür sein, dass die politische Einflussnahme auf sämtliche staatsnahen Bereiche mit aller Vehemenz zurückgedrängt werden muss. Die parteipolitisch dominierte Wahl des ORF-Generaldirektors ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Wenn der wichtigste Sender Österreichs sich nicht grundlegend erneuert, um seinen öffentlichen Auftrag zu erfüllen, werden wir in nur wenigen Jahren eine bei weitem intensivere Debatte über seine Existenzberechtigung führen müssen. Denn die Marktverzerrungen, die aus jährlich mehr als 600 Millionen Euro an Gebühren resultieren, kann nur ein unmissverständlicher öffentlicher Wert aufwiegen, der in den vergangenen Jahren immer weniger gegeben war.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

Finanzwissen sollte schon längst Teil der Allgemeinbildung sein.

Die enorme Relevanz von Finanzbildung beginnt bei der Frage, ob Ratenzahlung beim Kauf eines neuen Fernsehers ratsam ist und endet bei einer gut durchdachten Pensionsvorsorge. Wem eine mündige Bevölkerung ein Anliegen ist, für den steht außer Frage, dass das Niveau der sogenannten Financial Literacy in Österreich auf bedenkenswert niedrigem Niveau liegt. Wie regelmäßig Umfragen bestätigen, haben zu viele Menschen hierzulande kein ausreichendes Wissen über Zinsen, Finanzmärkte und Pensionsvorsorgeoptionen.

In Österreich herrscht nach wie vor eine weitverbreitete Ablehnung, fast schon Angst, gegenüber den Finanzmärkten. Während die Aktienindizes und Immobilienpreise, unter anderem aufgrund des Niedrigzinsumfelds, von einem Rekordhoch zum nächsten eilen, schwört ein signifikanter Teil der Österreicherinnen und Österreicher nach wie vor auf das Sparbuch, das jedoch seit Jahren inflationsbedingt zu realen Verlusten führt. Einige reagieren auf diesen Umstand mit noch energischerer Ablehnung der Finanzmärkte, da diese doch scheinbar nur den reichsten der Reichen zu noch mehr Wohlstand verhelfen und deshalb von Grund auf ungerecht sein müssen. Diese Ablehnung scheint oft an die Grundüberzeugung mancher gekoppelt zu sein, dass der Staat das Monopol über die Pensionsvorsorge haben sollte und es dem Individuum nicht zumutbar sei, selbst langfristige finanzielle Planungen durchzuführen und zusätzlich zu einer staatlichen Pension auch privat vorzusorgen.

Viele, die nicht in diesem antiquierten Denken festsitzen, stellen sich die Frage, wie heutzutage noch sinnvoll gespart werden kann und ob nicht auch sie an diesen Renditen teilhaben können. Die jüngeren Generationen wagen hier den Sprung ins kalte Wasser und legen ihr Geld mit Hilfe von innovativen Tech-Start-Ups schon längst in Aktien an. Manche tun dies mit Strategie und Weitblick, anderen fehlen diese. Gerade für die Gruppe, deren Investment-Entscheidungen mitunter von Reddit-Trends abhängen, aber auch für jene, die noch große Unsicherheit verspüren und beim Thema Finanzen am liebsten den Raum verlassen wollen, sollte ein fundamentales Finanzwissen schon längst zur notwendigen Allgemeinbildung gehören.

Das Ziel ist nicht, für jeden in Österreich gleich ein Aktiendepot zu eröffnen, sondern, dass jede Person in Österreich selbstbewusst die eigenen Finanzen im Griff hat, beginnend bei Handy- und Mietverträgen bis hin zu langfristigen Pensions- und Versicherungsfragen.

Ziel muss es sein, einer mündigen Bevölkerung die Werkzeuge und das Wissen mitzugeben, die ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Dieses Ziel scheint auch die Bundesregierung zu teilen, die einen höheren Stellenwert der Finanzbildung an den Schulen für die kommenden Jahre angekündigt hat. Wir werden darauf achten, dass es nicht nur bei Ankündigungen bleibt, damit demnächst auch alle ihre finanzielle Zukunft planen und sich über financial futures unterhalten können.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

Das Steuersystem muss die Umwelt schonen und zugleich Leistung belohnen.

Um einen wirtschaftlichen Neustart aus dieser Krise hinzulegen, müssen wir den Mut haben, alle Bereiche grundlegend zu hinterfragen und zu entscheiden welche Strukturen wir in Zukunft lieber aus dem Rückspiegel betrachten würden.

Der Faktor Arbeit wird in Österreich so hoch besteuert wie kaum in einem anderen reichen Land. 47 Cent von jedem als Lohn verbuchten Euro streift in Österreich der Staat ein, wie jüngste Berechnungen der OECD zeigen. Lediglich Belgien und Deutschland belasten die Löhne mit noch höheren Abgaben. Gerade in einer Krise, die uns die höchste Arbeitslosigkeit seit Jahrzehnten beschert hat, muss diese Statistik ein Weckruf sein, der ein strukturelles Problem aufzeigt.

Unser Steuersystem ist von Grund auf leistungsfeindlich und in manchen Bereichen umweltschädlich aufgebaut. Die relative Überbelastung des Faktors Arbeit beschert der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmer mehr Kosten als Nutzen. Denn die im internationalen Vergleich sehr hohen Lohnnebenkosten schaffen nicht den Anreiz, so viele Jobs wie möglich in Österreich anzusiedeln, ganz im Gegenteil. Die im Raum stehende Schließung des MAN Werks in Steyr ist ein sehr deutlicher Hinweis dafür. Die Antwort sollte ein Paradigmenwechsel unseres Steuersystems sein, um den Standort Österreich aufzuwerten und Unternehmen dazu zu ermutigen, Jobs in Österreich zu schaffen und nicht zu streichen.

Während der Faktor Arbeit steuerlicher Spitzenreiter ist, genießt der fossile Ressourcenverbrauch zum Beispiel im Verkehrsbereich sogar noch steuerliche Privilegien, die Anreize für ein Verhalten setzen, das langfristig nicht tragfähig ist. Die volkswirtschaftliche Antwort auf den Klimawandel ist schon seit über hundert Jahren bekannt, als der Ökonom Arthur Cecil Pigou eine Steuer zur Bepreisung von negativen Externalitäten vorschlug. Was bis heute jedoch noch fehlte ist der politische Wille zur Umsetzung. Durch eine Bepreisung von fossilem Ressourcenverbrauch in Form einer CO2-Steuer kann ein marktwirtschaftlich geleiteter Übergang in eine ressourcenschonende und nachhaltige Volkswirtschaft eingeläutet werden.

Je geringer das verfügbare Einkommen eines Haushalts desto höher ist tendenziell der Anteil an Ausgaben für Transport oder auch Energie. Zwei Bereiche, die wiederum für einen hohen Anteil der heimischen Emissionen verantwortlich sind. Um sicherzustellen, dass diese Haushalte durch eine CO2 Bepreisung nicht überproportional belastet werden ist es daher essenziell, eine solche Steuer aufkommensneutral zu gestalten. In anderen Worten müssen die Erträge einer CO2 Steuer dafür verwendet werden, um vorrangig niedrige und mittlere Einkommen zu entlasten. Der einfachste Weg zu diesem Ziel führt über eine Senkung der Lohnsteuer und zusätzliche Unterstützung für jene, deren Einkommen zu gering für die erste Lohnsteuerschwelle sind.

Wer Umweltverschmutzung bepreist und Lohnsteuern senkt, der legt den Grundstein für einen nachhaltigen, leistungsfreundlichen Standort Österreich. Für einen Neustart nach dieser Krise sollten wir den Menschen und seine Tatkraft in den Mittelpunkt stellen. Dafür benötigen wir ein Steuersystem, das die Umwelt schont während es Leistung belohnt.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

Wir brauchen einen Neustart der politischen Kultur in Österreich.

Die bekanntgewordenen Chat-Protokolle zeichnen ein Sittenbild der neuen Volkspartei, das in zu vielen Kreisen lediglich auf Schulterzucken stößt. In beinahe so deutlichem Ausmaß und genauso unleugbar wie das Ibiza Video legen uns die leitenden Akteure der neuen Volkspartei dar, wie alt ihr Stil in der Dimension des Postenschachers ist. Das Sittenbild, welches über Jahrzehnte von ÖVP und SPÖ entwickelt und von der FPÖ fleißig übernommen wurde, entspricht einer kalten Machtpolitik und dem Prinzip, die eigenen Interessen und jene der engsten Vertrauten im Zweifelsfall eindeutig über jenen der Republik anzusiedeln.

Aber einige der Reaktionen auf die Veröffentlichung der erbärmlichen Versessenheit auf Versorgungsposten und der Demütigung von Kritikern sind ebenfalls bezeichnend. Die moralische Verwerflichkeit von den Chat-Inhalten wird von kaum jemandem in Frage gestellt. Gleichzeitig werden die Verfehlungen aber scheinbar damit gerechtfertigt, dass man ja nichts anderes gewohnt sei. Dieses Verhalten habe es schon immer gegeben und man könne es überall beobachten. Die Erklärung „machen eh alle so“ scheint für viele ausreichende Rechtfertigung zu sein.

Dass Österreich ein Problem mit einer weit verbreiteten Kultur der Korruption auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen hat ist kein Geheimnis. Diese Kultur beginnt bei den Covid-Impfungen, die in den Oberarmen von Bürgermeister-Familienmitgliedern statt jenen von Risiko-Gruppen landen und endet bei dem Chef der ÖBAG. Jene Kultur, die in führenden Regierungskreisen seit Jahrzehnten gelebt wird, strahlt mit unheilvoller Vorbildwirkung auf die anderen gesellschaftlichen Ebenen des Landes. Dass eine breite Prävalenz eines verwerflichen Verhaltens dieses aber keineswegs rechtfertigt, sollte man jedoch nicht weiter ausführen müssen.

Wir sollten an uns selbst einen höheren Anspruch stellen, auf allen Ebenen der Politik und der Gesellschaft. Wenn wir unser Handeln ausschließlich daran festmachen, wie man die Dinge „eben schon immer gemacht habe“, dann werden wir auch keine Verbesserungen erwarten dürfen. Wir brauchen einen Neustart der politischen Kultur in Österreich. Wir sollten uns den kompromisslosen Anspruch stellen, dass persönliche Bereicherung auf Kosten der Republik ein inakzeptables Verhalten darstellt. Die Akzeptanz dieser einfacher Forderung von führenden Regierungspolitikern stellt in vielen Ländern ein Mindestmaß an Anstand dar und scheint in Österreich jedoch oftmals ein unerreichbares Ideal zu sein.

Nur ein rechtlich abgesichertes, politisches System der lückenlosen Transparenz und tiefgreifenden Kontrolle wird es uns ermöglichen, die Diskussionen über korrupten Postenschacher endgültig hinter uns zu lassen und uns den wahren Zukunftsthemen widmen zu können.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

Jetzt sind wir also wieder an dem Punkt, an dem harte Maßnahmen kommen. Es ist bitter – für uns alle. Aber eine Notbremse ist wohl nötig. Warum ich dennoch immer für einen differenzierten Weg eintrete und Vertrauen, Verlässlichkeit und Transparenz einmahne?

Viel wurde verabsäumt: Zunächst: die Entwicklung war erwartbar und auch prognostiziert. Sie entspricht den Zahlen, die vorliegen. Einige Parameter sind variabel und unbekannt: so zum Beispiel das Ausmaß des Testens, die Qualität der Tests und die Frage der Isolierung danach.

Und ja: wir NEOS verfolgen schon länger den Ansatz alle Alternativen zu unternehmen, die Lockdowns verhindern und aber gleichzeitig das Infektionsgeschehen in Zaum halten, denn das Bekenntnis zum Schutz des Gesundheitssystems haben wir immer klar abgegeben. Deshalb drängen wir seit Monaten auf Testen in höherer Zahl, höherer Intensität und höherer Qualität samt rascher Isolierung von positiven Fällen und Kontaktpersonen. Erst letzte Woche Montag haben wir im Osten Österreichs Massentests angeregt. Diese können anders als nach Wochen des Lockdowns nach Wochen des Öffnen sehr viel bewirken. Aber nichts ist passiert, viel mehr: Das Hin und Her der letzten Wochen war haarsträubend: Öffnungen angekündigt, ein Streit über einen Impfbasar, Beamte, die ihre Kompetenzen überschreiten. Ein Abschieben der Verantwortung auf alle anderen. Geimpft wird immer noch zu wenig – und zu langsam. Seit Monaten gibt es kein Bemühen, die Compliance (oder Adherence) also die Bereitschaft zum Mittun der Menschen zu steigern. Eigenverantwortung und Verantwortung zu steigern. Millionen an Eigenwerbung, aber keine Testimonials. Leidtragende sind älteren Menschen und Risikopatienten, die auf eine Impfung warten; die Menschen in Spitälern, die seit bald einem Jahr am Anschlag arbeiten. Die UnternehmerInnen, die um ihre wirtschaftliche Existenz bangen; die vielen Kinder und Jugendlichen, die unter den psychischen Folgen leiden. Ich bin gerade auch hier immer wieder stark kritisiert worden dafür, dass ich vor allen gesundheitlichen Folgen von Corona warne, dass ich gerade auch denen eine Stimme gebe, die von Arbeitslosigkeit, Existenzvernichtung und massiven psychischen Auswirkungen betroffen sind, dass ich eine Lanze breche für die Jungen, die seit einem Jahr volle Leidtragende sind. Ich werde von dieser Position nicht abweichen. Public Health ist mehr als ein Dashboard.

Die Verantwortung dafür sowie für fehlendes Vertrauen der Menschen in die Fähigkeit der Regierung, diese Krise zu managen, tragen Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudi Anschober. Das ist kein Abputzen sondern ein Ergebnis einer Politik die das Parlament nicht ernsthaft beteiligt. Selbst im föderalen Österreich könnte ein Gesundheitsminister durchgreifen. Dass die Landeshauptleute DIESES Gewicht haben, ist Ergebnis des Unwillens der Regierung durchzugreifen. Es sagt viel aus, dass bei so einer Pressekonferenz Landeshauptleute stehen aber nicht Vertreter des Parlaments.

Vertrauen, Verlässlichkeit, Transparenz – in allen drei Punkten versagt diese Regierung kläglich. Die so dringend notwendige Balance zwischen Gesundheit – auch der psychischen! –, Gesellschaft und Wirtschaft ist nicht vorhanden.

Das ist ein echtes Problem – denn klar ist: Das Thema wird nach Ostern nicht einfach weggehen.

Die Regierung muss schneller werden beim Impfen, noch mehr testen und rascher isolieren. Daran führt kein Weg vorbei. Da muss sie – endlich – auch private Initiativen wie „Alles gurgelt“ breit ausrollen. Warum nicht in den Schulen anwenden – und der ganzen Familie anbieten?

Ja, die Osterruhe in Ostösterreich ist unausweichlich. Es ändert aber nichts daran, dass wir klügere Wege gehen müssen. Selbst wenn ein Großteil der Erwachsenen im Sommer geimpft sind (hoffentlich!) – was ist mit Kindern und Jugendlichen? Was ist nach ein paar Monaten?

Die Impfung ist ein Hoffnungsschimmer. Sie ist DER Schlüssel zur Freiheit. Deswegen müssen KanzlerSebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudi Anschober hier Meter machen. Ich will nicht einen Streit über Verantwortung. Sondern echtes Krisenmanagement – lösungsorientiert und rasch! Die zunehmende Polarisierung – gerade in den sozialen Medien – beschäftigt mich sehr. Zwischen „alles falsch“ und „alles richtig“ liegen noch ganz viele Ideen, Vorschläge und Maßnahmen, wie es besser geht. Ohne Polemik und Agitation. Das ist ein differenzierter Weg.

Ein gutes Jahr nach dem ersten „Lockdown“ gingen am Montag Verhandlungen über mögliche weitere Beschränkungen der Freiheit oder Verlängerung schon bestehender Maßnahmen ergebnislos zu Ende. Entscheidungen ankündigen, dann aber nicht treffen: das ist das schlechteste Ergebnis, das erreicht werden konnte. Das sorgt nicht für Planbarkeit und so wird das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Krisenmanagement der Regierung weiter geschwächt.

Am gleichen Tag präsentierten NEOS zum dritten Mal die Ergebnisse des jährlich erhobenen Freiheitsindex, der selbstverständlich 2020/2021 sich ebenfalls dem Schwerpunkt Corona widmet. Das Ergebnis in aller Kürze zeigt, dass die Menschen in Österreich sehr wohl ein Verständnis dafür haben und hatten, dass Freiheiten eingeschränkt werden, wenn dies notwendig ist. Im Zeitverlauf ist die Akzeptanz der Maßnahmen aber stark gesunken.

Wenig überraschend: Die, die besonders durch die Maßnahmen ökonomisch oder psychisch besonders betroffen sind, fühlen sich auch stärker in ihrer Freiheit beschränkt. Was aber wie eine No-Na Erkenntnis wirkt, muss aber doch deutlich betont werden. Die Krise trifft eben nicht alle gleich, sondern asymmetrisch: Menschen, die ihren Job verloren haben aufgrund der Maßnahmen, Selbständige aber auch Jüngere sind deutlich mehr betroffen und damit auch deutlich mehr in ihren Freiheiten beschränkt. Anders gesagt: während die unmittelbaren Folgen von COVID, also schwere Krankheit und Tod, vermehrt Ältere betreffen, treffen die indirekten Schäden auch und gerade durch Lockdown Maßnahmen Jüngere, Selbständige oder Arbeitnehmer_innen in betroffenen Branchen.

Niemand sollte auf die Idee kommen, deswegen Gruppen gegeneinander auszuspielen. Aber klar ist auch, dass der Diskurs, welche Maßnahmen es braucht im Sinne einer Balance und Ausgewogenheit aller Folgen (letztlich aller gesundheitlichen Folgen auch durch psychische Auswirkungen, Pleiten oder Arbeitslosigkeit) nicht von denen allein geführt werden dürfen, die kaum ökonomische Folgen zu befürchten haben.

Zweitens zeigt der Freiheitsindex sehr klar, dass es zu einer immer größeren Polarisierung in der Bevölkerung kommt. So stiegen die Werte einerseits derjenigen, die angaben, Medien und Opposition sollten sich in Krisenzeiten mit ihrer Kritik an der Bundesregierung zurücknehmen von 2020 auf 2021 ebenso wie die Gegner einer solchen Haltung.

 Die Pandemie ist also eine demokratische Zumutung, die liberale Demokratien besonders fordert die richtigen Maßnahmen in der richtigen Balance basierend auf den richtigen Gesetzen in der richtigen Intensität zu setzen.

Genau diese Diskussion aber müssen wir uns zuMUTEN. Viel zu Grundsätzliches steht am Spiel, das noch weit über die unmittelbare Dauer der Coronakrise hinaus nachhallen wird.

Zu dieser grundsätzlichen Diskussion gehört auch ein ganz wesentliches Prinzip: nicht die Beschränkung der Freiheit kann der Normalzustand sein und Freiheit das Privileg, sondern umgekehrt. Ein Blick auf manche Schlagzeile macht deutlich, wie dringend dies geradegerückt werden muss. Da ist von Privilegien für Geimpfte die Rede, wo es simpel um an sich selbstverständliche Grundrechte gehen muss. Privilegien, so scheint es, kann man nach Belieben auch wieder entziehen.

Beschränkungen aber müssen gerechtfertigt sein, nicht die Freiheit. Wie werden sehen, wie der Verfassungsgerichtshof mit der Individualbeschwerde von zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern im Rahmen der Florestan Initiative (www.florestan.at) umgehen wird. Genau mit diesen Fragen nach der Abwägung, Differenzierung und Verhältnismäßigkeit haben sich die Kulturschaffenden an den VfGH gewandt.

Um mich nicht falsch zu verstehen: Es braucht Maßnahmen. Kein denkender und mitfühlender Mensch darf zulassen, dass sich das Virus ungehindert verbreitet und so viele Menschen gleichzeitig erkranken, dass Gesundheitssysteme zusammenbrechen und viele Menschen sterben müssen. Nach einem Jahr der Pandemie ist es schlichtweg inakzeptabel, wie undifferenziert Bereiche geschlossen sind. Nach einem Jahr Pandemie ist es schlichtweg inakzeptabel, dass die einzige Phantasie mancher in Zu- und Aufsperren besteht.

Es ist Zeit, endlich neue Konzepte der Pandemie-Bekämpfung umzusetzen. Mit dem Weg des Testens bis endlich ausreichend Menschen in Österreich geimpft sind hat Österreich den richtigen Weg eingeschlagen. Den muss man jetzt konsequent fortsetzen. Ein Theaterbesuch mit reduzierter Kapazität, bei dem alle Besucher aktuelle Tests vorweisen müssen, wird aus Sicht der Regierungsmaßnahmen nach wie vor mit einem dichtgedrängten Konzert in einem Nachtclub gleichgesetzt: Beide sind untersagt. Obwohl wir mittlerweile unter Einbindung der Opposition im Nationalrat die gesetzliche Basis für Eintrittstests geschaffen haben, kommen diese noch nicht dort zum Einsatz, wo sie am reibungslosen umzusetzen wären: Gerade bei Kulturveranstaltungen mit zugewiesenen Sitzplätzen können Tests so einfach kontrolliert werden wie Eintrittskarten und die Ansteckungsgefahr der Veranstaltungen auf ein Minimum reduzieren.

Mit dem Programm allesgurgelt.at können Betriebe für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern samt deren Familien zwei Gurgel-PCR-tests pro Woche pro Familienmitglied ganz einfach und unkompliziert machen, bei jeder BIPA Filiale in Wien abgeben und das Ergebnis verlässlich innerhalb von 24h per E-Mail bekommen. PCR wohlgemerkt, also der „Goldstandard“. Start-ups formieren sich rund um solche Ideen und versichern Skalierbarkeit bei Laborkapazitäten, niederschwellige Apps und so praktikable Wege zur Freiheit.

Was hindert die Regierung, diese Ansätze noch weiter auszurollen? Dass Wien das immerhin ankündigt, ist großartig. Mit diesen Tests könnten so flächendeckender Unterricht, Kultur, Gastronomie wieder geöffnet werden. Bei gleichzeitigem massivem Hinauffahren der Tests!

Die Erfahrungen des Herbsts zeigen, dass einer symptomatischen Welle eine asymptomatische vorhergeht. Unbemerkt. Mit dem massiven Ausweiten der Tests ab Jänner ist es bis dato gelungen, die asymptomatische Welle zumindest so zu dämpfen, dass der Anstieg nicht ähnlich exponentiell wie im Herbst verläuft. Warum nun auf halbem Weg den Mut verlieren?

Verhindert man so jede Infektion? Nein. Können wir so aber weiter leben? Nein.

Dem Staat und der Regierung steht es anhand der offensichtlichen Alternativen nicht mehr zu, die ganze Gesellschaft weiterhin ihrer Freiheit zu berauben, egal wie nobel die Intentionen dieser Maßnahmen auch sein mögen. Ausgangsbeschränkungen, Betretungsverbote und das Untersagen von Veranstaltungen können durchaus legale und notwendige Mittel in einer Pandemie sein. Jede dieser Maßnahmen muss allerdings sorgfältig begründet werden und verhältnismäßig sein. Und jedenfalls hätte die Regierung die alleroberste Aufgabe, nach sicheren Alternativen zu suchen und diese zu ermöglichen. So wie Impfen nicht an Bürokratismus, Föderalismus und Kleingeistigkeit scheitern darf, darf es auch nicht eine alternative Strategie zum Lockdown von Bildung, Kultur und Wirtschaft.

Bei allem Verständnis für Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und zum Schutz unserer Intensivstationen, so dürfen diese Maßnahmen aber nur in den Bereichen gesetzt werden, wo sie auch tatsächlich greifen, notwendig und auch rechtlich möglich sind. Die Herangehensweise der letzten Monate drehte die Beweislast auf den Kopf und sperrte vorsorglich alle gesellschaftlichen Bereiche zu. Es ist allerdings nicht die Aufgabe der Kulturschaffenden zu beweisen, dass sie sich ihre Freiheit wieder verdient haben, sondern es Aufgabe der Regierung darzulegen, weshalb Freiheiten beschnitten werden. Und alles andere zu unternehmen oder zumindest zu ermöglichen, was zur Freiheit führt.

Mit der Überzeugung nach der Unteilbarkeit der Menschenwürde und umfassender individueller Grund- und Freiheitsrechte haben die liberalen Bewegungen in den letzten 150 Jahren unsere Grund- und Freiheitsrechte in Verfassungen gegossen und ein rechtsstaatliches System zu deren Schutz errichtet. Heute stehen wir vor der großen Herausforderung, dass eine historische Pandemie eine gewisse Einschränkung dieser Rechte unausweichlich macht. Wir dürfen aber nie vergessen, dass die Freiheit die Norm ist und die Einschränkung die Abkehr. Freiheit ist kein Privileg, sie ist ein fundamentales Recht, das jedem Mensch zusteht.

Eine neue Kategorie des Freihandels bedeutet mehr Wohlstand für alle.

Während Österreich in der tiefsten Rezession seit 75 Jahren steckt, entflammte im Nationalrat eine Debatte über die Sinnhaftigkeit eines Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten. Mit breiter Mehrheit wurde dem Abkommen von allen Fraktionen mit Ausnahme der Neos eine Totalabsage erteilt. Soja aus Brasilien hätte hier „nichts mehr verloren“, einem solchen Handelsabkommen würde man „nie und nimmer zustimmen“, hieß es da. Mit der scheinbaren Gewissheit der Moralhoheit wurden die vielen Verfehlungen der Mercosur-Staaten ausgeschildert, und dem Freihandel mit Südamerika wurde damit auf absehbare Zeit ein Riegel vorgeschoben.

Vor dem Hintergrund einer massiven Wirtschaftskrise von historischem Ausmaß ist es fatal, jenem Teil der Wirtschaft, der 2019 mehr als 55 Prozent des österreichischen BIP ausmachte und damit eine tragende Säule unseres Wohlstands ist, in dieser Weise die Luft abzuschnüren und eine Absage zu erteilen. Österreichs Wirtschaftsleistung ist im vergangenen Jahr um 7 Prozent eingebrochen, unser Land wird auf deutlich schlechterem Niveau aus der Rezession kommen als viele vergleichbare EU-Staaten.

Auch der überwiegende Teil der Schwellenländer verzeichnete 2020 massive Wirtschaftseinbrüche. Diese Staaten wurden in ihrem Wohlstandsaufbau um etliche Jahre zurückgeworfen und stehen jetzt, wie auch die EU, vor der immensen Herausforderung des Wiederaufbaus. Armut und Hunger könnten wieder auf dem Vormarsch sein – umso mehr, als jetzt das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, indem einige der Globalisierung in Bausch und Bogen eine Absage erteilen.

Gerade jetzt, im Moment des Neustarts, wäre der richtige Zeitpunkt, Globalisierung und internationalen Handel weiterzudenken und eine neue Kategorie der Freihandelsabkommen einzuführen, die nicht nur die Wirtschaft stärken, sondern auch klare, verpflichtende Bekenntnisse zum Klimaschutz beinhalten. Kapitalismus und Globalisierung ja, aber nur unter Schutz der Ressourcen. So können wir nach der Krise in nachhaltiger Balance und nicht auf Kosten der Umwelt zu Wachstum und Vermögensaufbau zurückkehren und globalen Wohlstand nicht mehr bloß als Summe wirtschaftlicher Kennzahlen definieren, sondern auch die Gesundheit des Klimas mit einbeziehen. Wir sind in Europa zu Recht stolz auf unsere jüngsten Errungenschaften im Bereich der Nachhaltigkeit. Das sollte aber nicht dazu führen, dass wir uns vor der internationalen Konkurrenz verstecken und unseren Kontinent verschließen, wie es von mancher Seite gefordert wird.

Wir sollten selbstbewusst und weltoffen andere Staaten ermutigen und mitunter vertraglich dazu verpflichten, unsere Umweltstandards zu übernehmen und zugleich das globale Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln. Durch Freihandelsabkommen haben wir als EU-Mitglied einen gewaltigen wirtschaftlichen Hebel, den wir sowohl für ökonomischen als auch für ökologischen Nutzen einsetzen sollten.

Es ist Zeit für einen echten Neustart aus der Krise, mit neuen Konzepten auch für den Freihandel. Österreichs Zukunft als Exportnation liegt in der EU als weltoffener, globaler und nachhaltiger Wirtschaftsmacht.

Mein Gastbeitrag aus der Wiener Zeitung.

Mittwochabend: Der Gesundheitsminister Rudolf Anschober sitzt bei der Kronen Zeitung und diskutiert mit mir über die aktuelle Corona Situation. Er beklagt dabei, dass die konstruktive Zusammenarbeit fehle und streckte die Hand zur Zusammenarbeit aus. Die Gastro habe nun eine Perspektive mit Ende März, die Kultur mit Mitte April, alles in allem eine sehr schwierige Phase.

Auch am Mittwochabend: Der Gesundheitsminister schickt eine Novelle des Epidemiegesetzes in Begutachtung. Und die hat es durchaus in sich. Kurzer Blick zurück zur Diskussion: Dort hat er das neue Gesetz mit keinem Wort erwähnt. Ich frage mich: „Konstruktive Zusammenarbeit?“.

Die Wogen gehen hoch. Zu Recht!

Mit der Neufassung des Epidemiegesetzes will der Gesundheitsminister noch mehr Macht. Eine Ausweitung der Ermächtigung für Verordnungen mit weitreichenden Eingriffen in die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen.

Zukünftig sollen auch Treffen zweier Familien bis zu 4 Personen „Veranstaltungen“ sein, und die will er untersagen können oder einer Bewilligung unterwerfen. Die Strafen sollen drastisch erhöht werden, ein nicht bewilligtes Treffen im Freien mit einer befreundeten Familie kann so schnell zum finanziellen Desaster werden.

Behörden sollen zukünftig nicht innerhalb von 6 Monaten über Verdienstentgang wegen behördlicher Coronamaßnahmen entscheiden, sondern binnen eines Jahres. Das bedeutet nichts weniger als ein Abgehen von einem wesentlichen Grundsatz des Verwaltungsrechts, nämlich, dass jeder Bürger Anspruch auf ein rasches behördliches Verfahren hat. Aber offenbar bringt der Staat mehr Verständnis auf für eigene knappe Ressourcen als für die Ressourcen der Menschen, die durch staatliche Eingriffe finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen. Wir merken uns das.

Schließlich möchte der Gesundheitsminister Ausgangssperren nicht erst verhängen dürfen, wenn ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems droht, sondern wenn eine nicht mehr kontrollierbare Verbreitung von Covid 19 droht. Zum Beispiel wenn die Kontaktnachverfolgung nicht zu 100% funktioniert. Er möchte also rascher und vor allem leichter Menschen in ihren privaten Wohnungen festsetzen können.

Dazu muss man vier Dinge sagen:

  1. Dieses Gesetz kommt just zu einem Zeitpunkt als Lockerungen in den Raum gestellt werden – Gastroöffnung ankündigen und gleichzeitig leichter Ausgangssperren verhängen? Wie passt das zusammen? Wer soll sich da auskennen?
  2. Die geplante Änderung ist nichts anderes als ein Eingeständnis, dass viele der bisherigen Verordnungen des Gesundheitsministers rechtswidrig waren. Ausgangssperren zu verhängen, obwohl nicht der Zusammenbruch des Gesundheitssystems droht? Das sind keine juristischen Spitzfindigkeiten, sondern fundamentale Fragen des Rechtsstaats. Keine Verordnung ohne Gesetz, kein Gesetz ohne Verfassung. Erschreckend wie sich ausgerechnet ein grüner Gesundheitsminister über die wesentlichen Grundsätze des Rechtsstaats hinwegsetzt und damit die liberale Demokratie frontal angreift. Wäre der Gesundheitsminister von der FPÖ, wär der Teufel los. Zu Recht.
  3. Ob die Kontaktnachverfolgung funktioniert oder nicht ist keine fixe und absolute Größe. Die Politik hätte es in der Hand gehabt, Kontaktnachverfolgung auszubauen, zu digitalisieren, besser zu machen oder auch Absonderungsbescheide rascher und digital zuzustellen. Anschober hätte es in der Hand gehabt. Nun müssen es die Menschen in Österreich büßen. Der Staat, die Behörden, viel mehr ihr Versagen, bekommen mehr Verständnis als die Bürgerinnen und Bürger. Da wären wir wieder. Die Menschen in Österreich dürfen nicht dafür zahlen, dass das Management der Krise in Bund und Ländern so schlecht ist! Und wehe, wer das weiterdenkt: Gar keine Kontaktnachverfolgung zu machen, bietet die Chance alle gleich sofort zu Hause einzusperren…
  4. Zuletzt aber bringt diese geplante Änderung aber etwas mit sich, was in der Dramatik noch gar nicht erkannt wird: ein Abgehen vom Ziel, das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen, und im Effekt sich dem Ziel hinzuwenden, Infektionen zu vermeiden. Das ist dramatisch. Es war bisher das bis auf die FPÖ gemeinsame Ziel, das Gesundheitssystem vor der Überlastung zu schützen. Das ist ein richtiges und wichtiges Ziel. Ebenso war und ist und muss es Ziel sein, möglichst die zu schützen, die Gefahr laufen, einen schweren Verlauf zu haben oder zu sterben. Nicht immer hat das die Regierung geschafft, wenn man auf die vielen Ausbrüche in Pflegeheimen schaut. Hingegen kann und darf es nicht das Ziel sein, jede einzelne Infektion zu verhindern: Wir kommen jetzt in eine Phase, in der hoffentlich endlich (viel zu spät und schleppend) die ältere Bevölkerung geimpft ist und somit die Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems kleiner wird. Es macht einfach einen großen Unterschied, ob viele 20-Jährige infiziert sind oder viele über 75-Jährige. Je mehr durch eine Impfung die vulnerablen Gruppen und damit das Gesundheitssystem geschützt sind, desto höher wird die akzeptable Schwelle an Inzidenzen in der jüngeren Alterskohorte – eine konsequente Umsetzung der TTI-Strategie („Testen – Tracen – Isolieren“) vorausgesetzt. Und umso weniger gerechtfertigt sind massive Freiheitseinschränkungen. Der Entwurf aber sagt nichts anderes, als dass selbst bei immer zunehmender Durchimpfung Ausgangssperren weiter verordnet werden können. Das Licht am Ende des Tunnels wäre dann die blendende Taschenlampe eines Polizisten, der Dich fragt, warum Du auf der Straße unterwegs bist.

Während der Gesundheitsminister diesen Anschlag auf die Grund- und Freiheitsrechte in Begutachtung schickte, weilte der Bundeskanzler in Israel. Einmal mehr will er den Mühen der Ebene entkommen und sich in großen Visionen ergehen. Da drängt sich ein Gedanke auf: Wer kümmert sich eigentlich ums aktuelle Corona Management? Der eine will mehr gesetzliche Macht in der Zukunft, der andere so wenig wie möglich mit Impfmisere und aktueller ÖVP-Krise in Verbindung gebracht werden. Die Menschen in Österreich fragen sich: „Wie geht es nun weiter?“ Und niemand aus der Regierung antwortet. Kann man machen. Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn die Bevölkerung nicht mehr mitmacht. Dann braucht man mehr Sanktionen und schärfere Maßnahmen. Sie merken? Ein Teufelskreis…