Diesen Montag habe ich im Rahmen des Plenums eine dringliche Anfrage zum Burgtheater eingebracht. Warum? Es geht um die Burg…
Ich wollte (in zugegebenermaßen stattlichen 72 Fragen) vor allem von Minister Ostermayer wissen, was das Ministerium schon vor dem Fall Stantejsky von der Finanzmisere des Burgtheaters wusste, was es hätte wissen müssen und ob nicht Bundestheater-Chef Springer und Burgtheater-Direktor Hartmann auch etwas wissen hätten müssen (was ich glaube) und wenn ja, was unternommen wurde und vor allem, warum nichts unternommen wurde.
Die Antworten waren mehr als dürftig. Wiederholt verwies der Minister auf den noch ausstehenden Endbericht der forensischen Untersuchung hinsichtlich der vermuteten Malversationen. Das ist billig und grundfalsch.
Ein Blick in die Jahresabschlüsse samt Lageberichten des Burgtheaters genügt um zu sehen, dass 2008/2009 (also in der letzten Saison Bachler) Schwierigkeiten da waren. In dieser Saison beschloss man, offensichtlich mit dem Sanktus der damaligen Abschlussprüfer von PwC, Produktionen auf bis zu 5 Jahre abzuschreiben, statt wie bisher auf bis zu 3. Warum macht man das? Salopp gesagt, um ein Defizit zu verschleiern. Man rechnet sich reicher als man ist und schafft so eine ausgeglichene Bilanz. Das schleppt man dann weiter, bis es nicht mehr geht. Das war 2013 der Fall, als die neuen Abschlussprüfer von KPMG gesagt haben: „Also so geht das nicht!“. Dann kracht es.
Zudem hat die Burg ein Liquiditätsproblem: Zwischen der Saison 08/09 und 09/10 stiegen die kurzfristigen Bankverbindlichkeiten um 4 Millionen Euro. Durchaus eine Menge – die Burg hat einen Umsatz von etwa 8 Mio. Euro/Jahr.
Wie kam es dazu? Nun, mit dem Start Hartmanns begann ein wahrer „Premieren-Marathon“, ein „Feuerwerk an Neuproduktionen“ (beides Zitate aus den Lageberichten). Das ist nicht ungewöhnlich. Wenn ein neuer Direktor kommt, gibt er dem Haus einen neuen Anstrich, ein neues Repertoire wird aufgebaut. Leider ist es auch nicht ungewöhnlich, dass man hierbei Schulden anhäuft. In österreichischen Kulturinstitutionen wartet man immer ein bisschen auf den Bankomaten in Form einer Erhöhung der Basisabgeltung. Papa Staat wird DAS österreichische Nationaltheater doch nicht im Regen stehen lassen!
Und natürlich ist die primäre Aufgabe des (künstlerischen) Direktors des Burgtheaters die Kunst – also aufs Gas zu steigen. Die primäre Aufgabe der kaufmännischen Geschäftsführung ist es, auf die Bremse zu treten. Es ist verhängnisvoll, wenn diese alles immer ermöglichen will/muss. Aufgrund der gewählten Konstruktion einer GmbH hat das Burgtheater zwei Geschäftsführer, die beide gemeinsam verantwortlich sind für das Budget.
Rein rechtlich kommt also Hartmann meiner Ansicht nach nicht aus: er ist simpel mitverantwortlich.
(Will man ein solches Ergebnis nicht, muss man die Konstruktion – also das Gesetz – ändern: man setzt einen künstlerischen Intendanten hin, der nicht gleichzeitig Geschäftsführer ist.)
Und dann gibt es ja noch die Bundestheater-Holding. Eine interessante Konstruktion – verantwortlich als Mutter für das Burgtheater, die Staatsoper und die Volksoper. Geschäftsführer ist Georg Springer. Das ist er übrigens seit Anbeginn der Zeiten, also seit der Ausgliederung.
Diese Holding und damit auch Geschäftsführer Springer hat nur wenige Aufgaben („abgeschwächte Führungsholding“ bezeichnet eine mit einer Evaluation der Bundestheater beauftragte Kanzlei das Ganze). Vor allem das Konzerncontrolling (also Finanzplanung und Rechnungswesen), Revision (also die Kontrolle) und die finanzielle Ausstattung der Bühnengesellschaften.
Direktor Springer (ja, auch der Geschäftsführer der Holding darf sich Direktor nennen) hat keinerlei künstlerische Aufgaben.Er ist NUR dafür da, um darauf zu schauen, dass die Bühnengesellschaften mit dem zur Verfügung stehenden Geld (Löwenanteil: Steuermittel) auskommen und die Häuser nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geführt werden. Quasi interne Polizei, die Zu-schnell-Fahren ebenso sanktionieren muss wie illegales Tuning.
Und sie ist die Schnittstelle zur Politik, letztlich also zum Geldgeber, der ja Eigentümer ist – der Holding und diese ist wiederum Eigentümerin des Burgtheaters. Top-down sind überall Weisungen möglich. Außer im künstlerischen Bereich – und das ist ja auch wirklich gut so.
Jetzt muss man anhand der Zahlen sagen: Hartmann hat teuer, zu teuer produziert. Ja, er hat Kosten eingespart, das aber vor allem durch Kündigungen im Ensemble und beim technischen Personal (logisch, dass die Schauspieler_innen Angst haben) und durch Einnahmensteigerungen. Er hat die Ticketpreise erhöht (keine wirkliche Kunst) und für mehr Auslastung gesorgt (schon eine Kunst, aber auch wenig überraschend, wenn man ständig Neuinszenierungen bietet). Dass aber die Auslastungszahlen in einem Theaterbetrieb, der immer defizitär wirtschaftet (Nicht falsch verstehen – das ist völlig ok so! Es gibt einen staatlichen Kulturauftrag, gerade bei einem so grandiosen Theater wie dem Burgtheater.) nicht das Maß aller Dinge sein kann, liegt doch auf der Hand. Anders gesagt: wenn ich die Auslastung um 10% steigere dadurch, dass ich eine neue Produktion biete, die um 100% mehr kostet, dann geht diese Rechnung nicht auf.
Die Burg wurde überhitzt. Wirklich gespart man hat man nicht. Offenbar hat dies Hartmann jedenfalls nicht bei sich selbst getan: sämtliche seiner Eigenregiearbeiten werden ihm neben seinem Gehalt als Direktor extra honoriert. Zudem hat es eine schiefe Optik, dass auch Schwester und Schwager als Leiter der „Jungen Burg“ versorgt wurden. Ich fordere hier stark, dass solche Geschäfte mit Verwandten in der Zukunft einer Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen…
Das Defizit war ebenso vorhersehbar wie (illegale) Tricksereien in der Buchhaltung. Auch hier würde ein Blick in eine vom Ministerium selbst in Auftrag gegebene „Effizienzanalyse“ der Bundestheater genügen: Da ist von regelmäßigen Abweichungen der Budgetplänen von der eingetretenen Wirklichkeit die Rede. Von eklatanten Mängeln im Controlling und in der Revision; allesamt Kernaufgaben der Holding und der Aufsichtsorgane. Wenn man sich den Bericht durchliest (hoppla, das kann man nicht, denn der wird unter Verschluss gehalten – aber in der Parlamentsdirektion liegt er auf ), dann wird klar, dass hier auch strukturell der Wurm drin ist. Eine derart konstruierte Holding ist sinnlos!
Mir geht es um drei Dinge:
1.) Die Struktur der Bundestheater muss man neu diskutieren! Die Bundesmuseen kommen auch ohne Holding aus. Eine Holding hat aber schon Sinn, WENN sie ihre Aufgaben wahrnimmt und Einiges (wie Rechnungs- und Personalwesen) ebenfalls zentralisiert wird.
2.) Die Schuld an der Finanzmisere einer einzigen Person zuzuschieben ist billig, denn
3.) die finanziellen Schwierigkeiten des Burgtheaters sind getrennt von den (vermutlich von Strafgerichten zu klärenden) Aktionen von Frau Stantejsky zu betrachten. Und ja, das hat man früher gewusst oder man hätte es wissen müssen. In beiden Fällen muss man Verantwortung übernehmen.
Heute wird der Endbericht der forensischen Untersuchung zu den vermuteten Malversationen präsentiert. Man darf gespannt sein, ob der mehr enthält als das, was bisher schon durch die Medien gegeistert ist. Diesfalls müsste Strafanzeige erstattet werden gegen Stantejsky. Erst im April wird es aber einen Jahresabschluss geben und damit die Antwort auf die Fragen: Wie hoch ist das Defizit wirklich und woher kommt der das Geld, das zweifelsohne erforderlich ist?
Interessant das Interview in der Presse mit dem KPMG Geschäftsführer Martin Wagner :
Er sagt: „Jedem hätte das auffallen müssen“.
Und: „An der Entwicklung der Bankschulden konnte man leicht erkennen, dass das Haus verlustträchtig ist. Wenn man mehr ausgibt, als man hat, dann steigen die Schulden. Wenn dann trotzdem ein ausgeglichenes Ergebnis vorliegt, sagt einem der Hausverstand, dass da etwas nicht zusammenpasst.“
Nun, ich meine, nicht unbedingt der Hausverstand, aber der kaufmännische Verstand – und der ist von Gesetz wegen von den beiden Direktoren Hartmann und Springer gefordert. Ob sie Verantwortung übernehmen werden müssen, wird man sehen. Diese Verantwortung liegt bei den Beiden und bei Minister Ostermayer. Und Verantwortung wird in Österreich mit sehr kleinem v geschrieben…
Heute bei der Sondersitzung werden Kanzler Faymann und Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger sich in der Hypo-Sache erklären. Was sie sagen werden ist vorhersehbar (freue mich über Überraschungen und werde ehrlich darüber berichten): Großes Desaster, verursacht von FPÖ und BZÖ System um Haider in Kärnten, oberste Priorität für Bundesregierung Steuerzahler_innen zu schonen, komplexe Gemengelage, Insolvenz gefährliche Variante, da Folgen nicht absehbar sind, Beteiligung der Banken bedauerlicherweise nicht gelungen, daher nun entschlossen in Richtung Anstaltslösung, Opposition hat Verantwortung konstruktiv zu sein und nicht Lösungen durch parteipolitisch motivierte Manöver zu gefährden….
Das Problem wird sein: Während der Bundeskanzler und der Vizekanzler und Finanzminier der Republik im Nationalrat ihre Erklärungen im Nationalrat abgeben, gehen Millionen Österreicherinnen und Österreicher ihrer Arbeit nach in dem Wissen, mit ihrem Geld für die Malaise aufkommen zu müssen. Sie machen sich Sorgen und haben mittlerweile NULL Vertrauen in die Lösungskompetenz der Regierung, wie Michael Völker im Standard heute richtig schreibt.
Nun könnte man sagen, dass man als Oppositionspartei eigentlich doch froh sein müsste, wenn das Vertrauen in die Regierung derart niedrig ist. Das Problem hierbei ist aber, dass dringende und wichtige Entscheidungen anstehen, dringende und wichtige Reformen auf den Weg gebracht werden müssen und die Zeit davon läuft. Gleichzeitig umfasst das Misstrauen der Bevölkerung ja das gesamte politische System und ein Noch-Mehr an Entfremdung lässt nur eines Wachsen: Die Zahl der Nichtwähler_innen. Oder die Zahl der FPÖ-Wähler_innen, was ebenso wenig zu einem politisch-demokratischen System beiträgt, in dem ich gerne leben möchte.
Neben der budgetären Katastrophe bringt die Hypo also auch eine Krise der Demokratie. Wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung dermaßen am Nullpunkt ist, dann ist eine Staatskrise nicht weit.
Was müsste die Regierung tun? Nun erstens: schnell handeln. Zweitens umfassend informieren und aufklären und auch nicht einen Millimeter weit den Eindruck erwecken, lieber den Deckel auf manches zu halten.
Und genau darin liegt auch der Schlüssel zu einer konstruktiven Opposition: Wir NEOS wollen die Hand eichen und Entscheidungen so schwierig sie auch sein mögen mittragen. Aber wie zum Geier sollen wir das tun, wenn es nicht genügend Information und Einbindung gibt?
Nehmen wir zum Beispiel den Wyman Bericht. Dieser präferiert ja wie mittlerweile auch durch unsere Veröffentlichung bekannt die Insolvenz Lösung, da die Lasten dann auch von den Gläubigern der Hypo allen voran der BayernLB getragen würden. Dieser Bericht wurde verschlossen gehalten.
Stattdessen berief sich die Regierung auf den Bericht der Taskforce Hypo, der das Insolvenzszenario ausschloss und eine Beteiligungslösung der österreichischen Banken präferierte. Diese Task Force, der pikanterweise mit Klaus Liebscher ein Mann vorsteht, der als Gouverneur der Nationalbank die Verantwortung gehabt hätte tätig zu werden beim aggressiv expansiven Kurs der Hypo. Und dieser Bericht wird ebenfalls nicht offen gelegt.
Die Beteiligungslösung ist gescheitert, die Banken und auch Eurostat spielen nicht mit. Interessant, dass Statistik-Austria Chef vorige Woche sagte, dass er dem Finanzministerium die europäischen Regeln „transparent auf den Tisch gelegt“ hätte. Die Kriterien zu den angedachten Hypo-Abbaugesellschaften hätten „früher den Banken kommuniziert werden müssen“. Nach einem Treffen im November mit Taskforce-Chef Klaus Liebscher habe es leider länger keinen Kontakt mit der Taskforce gegeben, dadurch habe man „Zeit verstreichen lassen“.
Dilettantismus pur also? Wo soll da Vertrauen herkommen?
Es bleibt die Anstaltslösung, wobei hier nicht eine Lösung am Tisch liegt sondern nun dem Vernehmen nach verschiedene Modelle geprüft werden. Wie? Man weiß es nicht… Wiederum liegt nichts am Tisch.
Für mich gibt es jetzt drei Gebote der Stunde:
Es braucht einen Österreich-Konvent neu, der die Verfassung des Landes neu schreibt, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern neu regelt, die Aufgabenbereicher strikter trennt und Verantwortung bringt für die Länder für ihre eigenen Budgets. Und natürlich auch ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften. Und es braucht eine tabulose Entflechtung von Wirtschaft und Politik – diese Art der Entfesselung hätte Michael Spindelegger meinen sollen…
Nun ist es endlich soweit und endlich dürfen die Bürgerinnen und Bürger mitreden. Es gilt jedoch hopp oder drop(p) die Fußgängerzone.
Das ist insoferne beunruhigend, als andere Beispiele (schlecht eingesetzter) Elemente direkter Demokratie gezeigt haben, dass ein Thema danach jahrelang vom Tisch ist – so zB die Frage der Wehrpflicht oder eine Citymaut.
Wenn jetzt die Befragung negativ hinsichtlich der Verkehrsberuhigung ausgeht, dann war’s dann wohl auf absehbare Zeit mit der Mahü. Das wäre Schade, ja geradezu eine vertane Chance. Wie die ganze Chose insgesamt eine einzige vertane Chance ist.
Stadtplanung muss heutzutage in ständigem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern passieren. Zugegeben – die Grünen haben Dialogrunden gemacht auch vor der probeweisen Einführung der Fuzo. Wirkliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger war das jedoch nicht, zumal man ja ein gewünschtes Ergebnis durchpeitschen sollte, das ja in der Dimension kein reines Stadtplanungsprojekt ist sondern DAS Prestigeprojekt der Wiener Grünen in der Stadtregierung.
Viel wurde schon geschrieben darüber, ob man ein derartiges Projekt überhaut probeweise einführen kann. Ich behaupte: ohne bauliche Maßnahmen, nein. Und dann wäre es kostenmäßig nur schwer erklärbar, dass es probeweise passiert. Aber eine Fußgängerzone muss ausschauen wie eine, sich anfühlen wie eine und ich persönlich habe meinen Kleikindertest: würde ich meine Kinder dort herumlaufen lassen? Nein, würde ich nicht. Dann fehlt aber das Entscheidende: nämlich das Gefühl dafür, was eine Fuzo bringen kann.
Und da komm ich zum springenden Punkt: zum Gefühl. Die Grünen haben es verabsäumt Lust auf da Projekt zu machen. Lust durch Beteiligung, durch Mitgestaltung. Was hätte man machen können? Wettbewerbe für die Gestaltung des öffentlichen Raums, Ideenaufruf für Kunst im öffentlichen Raum Projekte. Skizzen und Modelle (bitte mit Kostenrechnungen!!! – in einer dermaßen verschuldeten Stadt ein unbedingtes MUSS), die man lustvoll zeigen hätte können und dann die Bürgerinnen und Bürger befragen. Ja die Bürgerinnen und Bürger – und selbstverständlich auch die Unternehmen dort – wirklich beteiligen am Prozess. Lustvoll, inklusiv, ergebnisoffen.
Jetzt wird einiges nachgeholt. Jetzt kursieren Videos und jetzt werden hunderttausende Euro in Kampagnen gesteckt, die selbstverständlich alle die Gefühlswelt ansprechen sollen. Das Geld wäre in einem Vorzeigebeteiligungsprozess, der Vorbildcharakter hätte entwickeln können, besser investiert gewesen…..
Wir NEOS sind für das Projekt. Warum? Rein prinzipiell weil die Zukunft der Stadt – einer wachsenden Stadt – nicht in Durchzugsstraßen liegen kann. Weil Stadtplanung heutzutage Begegnungsräume schaffen muss und einen lebendigen, erlebbaren und lustvollen öffentlichen Raum gestalten soll. Weil es um die Lebensqualität der Menschen geht und nicht, um das bessere Fortkommen der Autos.
Allerdings darf keine unüberwindbare Mauer entstehen. Querungen sind mit Sicherheit sinnvoll.
Ob Radfahrer dort fahren sollten (ich unterstelle, dass es den Grünen primär überhaupt um die gegangen ist, denn als Radfahrerin kann ich sagen, dass die Mahü schwierig war, denn die Fahrbahn war simpel zu eng für Autos und Radfahrer und die Steigung stadtauswärts führt dazu, dass die Radfahrer auch langsam unterwegs sind), kommt darauf an. Worauf? Welche baulichen Maßnahmen man setzen kann um zu verhindern, dass es ein Rad – Highway wird. Hier kommt wieder mein Kleinkindertest ins Spiel…
Ich halte es für wichtig klar Position zu beziehen. Nur zu kritisieren ist zu wenig.
Verkehrsberuhigung ja.
Ich mach die Augen zu und sehe eine lebendige Straße, mit Cafés und Sitzmöglichkeiten, mit Kunstprojekten und Kindern, die spielen. Ich sehe Interaktionen, Gespräche. Und ich sehe einen Regionalmarkt, der jeden Samstag auf der Mahü Stellung bezieht. Aber zugegeben: wenn ich die Augen schließe, dann scheint über der Mahü immer die Sonne 🙂
Vorige Wochen haben der Kollege Rainer Hable und ich im Plenum aus dem Wyman Bericht zu den Abwicklungsszenarien der Hypo vorgelesen. Der Bericht spricht sich recht deutlich für eine Insolvenzlösung aus. Die Hypo in die Pleite zu schicken wäre aus volkswirtschaftlicher Sicht das beste Szenario unter den vielen Übeln.
Selbstverständlich ist der Bericht geheim. So geheim, dass nun eine Woche später auch Armin Wolf den Bericht gelesen hat und twitterte, dass der Bericht das Insolvenzszenario doch wesetnlich deutlicher favorisiere als er gedacht habe.
Wir hätten den Bericht gerne veröffentlicht. Dürfen wir aber nicht. So weit reicht unsere Immunität nicht, dass sie auch diesen Blog hier beispielsweise mitumfasst. Gut so. Schlecht für die Transparenz in Sachen Hypo-Debakel.
Jetzt gehen wir einen anderen Weg: heute haben wir eine schriftliche Anfrage zum Bericht einbracht. Die Anfrage findet sich hier und damit nun auch der Bericht.
Transparenz zur Diskussionsgrundlage. Nun auch für jederman zugänglich.
Das Hypo-Debakel wird zum größten Finanzdebakel der zweiten Republik. Das hat auch Vizekanzler Michael Spindelegger heute bestätigt.
Die Steuerzahler_innen sind schon zur Kasse gebeten worden – rund 3,6 Mrd Euro sind in den letzten fünf Jahren schon in die Hypo geflossen. Das sind 2 Millionen Euro am Tag!
Und es wird noch bedeutend mehr werden. Das ist klar und war auch schon voriges Jahr klar. Doch das war ein Wahljahr und um mit der Budgetlüge den Wählerinnen und Wählern Sand in die Agen zu streuen wurde das Problem vertagt und vertagt und vertagt.
Rechtlich sind viele Aspekte der offensichtlich kriminellen Vorgänge in der Hypo zu klären. Politisch muss es hier noch Aufklärung geben. Eine etwaige politische Mit-Verantwortung wird jedenfalls früher oder später ans Licht kommen. So oder so. Mit oder ohne Untersuchungsausschuss, der von SPÖ und ÖVP konsequent verhindert wird.
Selbstverständlich liegt der Ursprung des Debakels im System Haider in Kärnten. Der Grundstein für eine hypertrophe Struktur und ausufernden Haftungen (die aber unter den Bayern weiter gegangen sind).
Nach einer „Not“-Verstaatlichung im Jahr 2009 und nach zwei ÖVP Finanzminister_innen, die keine Entscheidung hinsichtlich Abwicklung getroffen haben, ist nun Spindelegger am Zug. Keine leichte Aufgabe. Jetzt könnte die Bundesregierung zeigen, was es heißt „neuen Stils“ zu sein. Alle Fakten müssen auf den Tisch.
Doch was passiert? Die Bundesregierung hat über drei von der Hypo-Taskforce vorgelegte Abwicklungsszenarien beraten und sich für eine Beteiligungslösung mit Beteiligung der österreichischen Banken ausgesprochen. Warum? Was sind die Überlegungen?
Die Fragen stelen sich insbesondere, weil seit Dezember berichtet wird über eine Studie von Oliver Wyman, in der neben drei Szenarien auch eine Insolvenz aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten beleuchtet wird. Und diese Studie kommt zum Schluss, dass aus volkswirtschaftlichen Überlegungen der Insolvenz der Vorzug gegeben wird.
In der heutigen Plenarsitzung haben mein Kollege Rainer Hable und ich aus dem Bericht skizziert. Wir spielten mit dem Feuer, wurde uns vorgehalten. Vielleicht sind wir aufgrund der Nicht-Information seitens der Regierung zum Zündeln gezwungen.
Im Übrigen hat auch der Bankenexperte des WIFO kürzlich bemerkt, dass es für eine Bad Bank zu spät sei. Zudem muss es auch für Gebietskörperschaften geordnete Insolvenzszenarien geben. Wenn das zu mehr Budgetdisziplin auf Seiten der Länder führt – gut. Ein entsprechender Antrag von uns neos
Neuer Stil würde bedeuten transparent die Entscheidungsgrundlagen darzulegen. Zumindest gegenüber den Finanzsprecher_innen im Parlament. Wenn Transparenz nicht gegeben wird, so sehen wir uns gezwungen für diese zu sorgen.
In meiner heutigen Rede habe ich aus dem Wyman Bericht zitiert. Konkret wurden folgende vier Modelle geprüft:
Staus quo (vulgo: nix tun), Anstaltsmodell, Beteiligungsmodell und Insolvenz.
Wyman überprüft die Modelle hinsichtlich ihrer volkswirtschaftlichen Auswirkungen, NICHT in Hinblick auf Staatsschuldenstand und Defizit.
Insgesamt priorisiert aus volkswirtschaftlicher Sicht der Wyman Bericht das Insolvenzszenario.
Konkret habe ich drei Punkte aus dem Bericht zitiert:
1. Das Beteiligungmodell mit Beteiligung der österreichischen Banken ist nach Sicht des Wyman Reports hinsichtlich der Umsetzungsrsiken in Bezug auf Komplexität, Dauer und Kosten das schlechteste Szenario. Insbesondere moniert der Bericht, dass diese Variante „hohe Anforderungen an die die Umsetzung“ stellt und es zu „Verzögerungen“ kommen könnte. Kollege Hable wies zu recht auf einen möglichen Abtausch mit der Bankenabgabe hin und damit verbunden, dass die „Lastenteilung seitens der Privaten deutlich geringer ausfallen könnte als im Modell angestrebt“.
2. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die finanzielle Position Kärntens (aus Sicht des Bundes) – und das ist ja das Hauptargument gegen eine Insolvenzlösung – konstatiert der Bericht, dass dies „möglicherweise zu einem zeitweisen Anstieg der Refinnazierungskosten anderer Bundesländer“ führte. Gleichzeitig – und das scheint mir doch bedeutend und in der jetzigen budgetären Lage des Staates sehr positiv – weist er darauf hin, dass eine Insolvenz zu einer „Erhöhung der Fiskaldisziplin bei zukünftig stärkerer Refinanzierung der Bundesländer über die Bundesfinanzagentur“ führte.
3. Schließlich sagt der Breicht im untersuchten Bereich der Reputationsrisiken für den Finanzplatz aus, dass eien Insolvenzlösung ein „enstchlossenes Handeln“ darstellen würde. Negativ wird die Frage angemerkt: „Hätte man es nicht früher machen können/müssen/sollen?“
Und diese Frage ist genau die Richtige in der ganzen Causa…..
Über die vermutlichen Malversationen im Burgtheater sowie das drohende Defizit im Jahresabschluss wird zurzeit viel diskutiert. Leider nicht im Parlament.
Als neue Vorsitzende des Kulturausschusses sehe ich es als meine Verantwortung, dass hier der Kulturausschuss in der Causa tätig wird. Zum einen geht es darum, als Ausschuss Informationen und Aufklärung einzufordern, andererseits sollte der Ausschuss auch zur Aufklärung selbst beitragen.
Aus diesem Grund sehe ich es als notwendig an, dass der Ausschuss rasch tagt. In Frage kämen Termine im Jänner, spätestens im Februar. So weit, so einfach – könnte man meinen. Man könnte auch meinen, dass es im Interesse eines aktiven Parlaments und somit aller Parteien liegt, zu ARBEITEN.
Diesem Anliegen schließen sich auch die anderen Oppositionsparteien und deren Kultursprecher an. Nicht jedoch die Regierungsparteien. Während es von der SPÖ ein klares Nein zu einem Termin im Jänner oder Februar gibt, ergeht sich die ÖVP in Verzögerungstaktik und ist tagelang nicht in der Lage oder unwillens, überhaupt Rückmeldung geben.
Die Begründung der SPÖ für die Blockade des Termins: Minister Ostermayer wäre unter Umständen im Februar noch nicht zuständig. Ja, das kann sein, kann jedoch nicht Thema für das Parlament sein. Es gibt eine verantwortliche Ministerin. Das genügt. Eine regierungsinterne Organisationsfrage kann nicht zulasten der Arbeit des Parlaments gehen. Das Parlament ist eben nicht der verlängerte Arm der Regierung.
So weit also gar nicht so einfach. Schon allein bei der Terminfindung geht ohne SPÖ und ÖVP gar nichts. „Wenn man kommt und alles niederreißen will, dann kann einen das schon schrecken.“ meinte die SPÖ Kultursprecherin Hakel heute gegenüber Ö1 in meine Richtung. Ich bin der Meinung, dass „alles niederreißen“ ein etwas theatralisches (wie passend!) Bild für die Frage eines Termins ist. Aber das wär ja wohl noch schöner, wenn da eine kommt und glaubt, in diesem Parlament wolle man wirklich arbeiten.
Das wird also noch lustig, wenn es dann um die Tagesordnung geht. Geschreckt bin ich jedenfalls nicht.
Apropos Tagesordnung:
Noch unerledigt aus der letzten Gesetzgebungsperiode ist der Kulturbericht 2012, der zwar schon seit Juli des vergangenen Jahres im Parlament liegt, bis dato aber noch nicht im Ausschuss diskutiert wurde. Der Bericht zeigt auch die strukturellen Probleme des Burgtheaters auf: Im Budget des Geschäftsjahres 2011/2012 zeigt sich der „nicht liquiditätswirksame Jahresfehlbetrag“ von 3,7 Millionen Euro, der aufgrund einer „geänderten Abschreibungsmethodik“ entstanden wäre.
Der Bericht gehört diskutiert und behandelt. Und böte einen guten Anlass um den Direktor der Bundestheater Holding Georg Springer und den Direktor des Burgtheaters Matthias Hartmann in den Ausschuss einzuladen und ihnen Gelegenheit zu geben, Ihre Sicht rund um die aktuellen Ereignisse und hinsichtlich der strukturellen Probleme des Theaters darzulegen.
In einem Gespräch gestern betonte Direktor Hartmann, dass er gerne in den Ausschuss komme. Freu mich – dann wohl auf den März.
Die Causa rund um die Suspendierung und Entlassung der Stv. Direktorin des Burgtheater Silvia Stantejsky wirft eine ganze Reihe an Fragen auf.
Erstens geht es um die Entlassung selbst. Aus welchen Gründen wurde sie getätigt? Wieso hat sich auf Stantejskys Privatkonto ein 5-stelliger Euro Betrag aus dem Burgtheater-Budget gefunden, wie das das Profil berichtet? In mehreren Medien war zu lesen – gestützt auf Aussagen von Bundestheater-Holding Chef Georg Springer sowie Burgtheater Direktor Matthias Hartmann – Stantejsky habe sich nicht selbst bereichert. Stimmt, was Stantejskys Anwältin dem Profil gegenüber sagt, nämlich, dass es sich bei der Überweisung des Betrags auf Stantejskys Privatkonto um eine Rückzahlung handelt von Beträgen, die Stantejsky selbst dem Burgtheater vorgestreckt habe? Dies wäre unglaublich: eine stellvertretende Direktorin borgt also einer öffentlich subventionierten Institution Geld? Was sagt das über die Liquiditätssituation des Hauses am Ring aus? Was ist mit dem Vier-Augen Prinzip im Burgtheater? Selbst wenn es so ist, wie kann die Verantwortung hier allein bei Stantejsky liegen?
Interessant jedenfalls, dass von Seiten der sonst oft so kämpferisch und lauten Personalvertreter kein Sterbenswörtchen zu vernehmen war. Interessant weiter, dass das Ensemble des Burgtheaters sich hinter Stantejsky stellt.
Davon abgesehen wirft diese Causa nun auch Licht auf die budgetäre Situation des Burgtheaters. Hartmann und Stantejsky selbst haben wiederholt auf die schwierige finanzielle Situation hingewiesen. Was ist da los?
Der Geschäftsbericht 2011/2012 weist einen „nicht liquiditätswirksamen Jahresfehlbetrag“ von 3,7 Millionen Euro aus. Die neuen Abschlussprüfer hätten eine neue Abschreibungsmethode gefordert. Angeblich haben die neu bestellten Abschlussprüfer von PwC unter anderem mehrjährige Abschreibungen etwa von Bühnenbildern – über die Dauer der Spielzeit hinaus – nicht akzeptiert. Hier sei der § 204 UGB erwähnt:
§ 204. (1) Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind bei den Gegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich wirtschaftlich genutzt werden kann.
Zudem wird spekuliert, dass die Jahresbilanz 2012/13 ein Defizit von 10 bis 12 Millionen Euro aufweisen wird. Matthias Hartmann hat hierzu nicht Stellung genommen. In Kürze veröffentlicht der Rechnungshof einen Bericht zur Bundestheater Holding. Begrüßenswerterweise überlegt er nun auch eine Prüfung des Burgtheaters.
Das Parlament und somit die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht auf volle Aufklärung. In allererster Linie ist hier der neue Kulturminister Josef Ostermayer gefragt, dem Kulturausschuss Antworten zu geben. Zusätzlich ist es mein Wunsch als Vorsitzende des Kulturausschusses, dass die Direktoren Springer und Hartmann im Rahmen eines ehestmöglichen Termins des Kulturausschusses als Auskunftspersonen Gelegenheit bekommen, die Angelegenheit gegenüber den Volksvertretern darzulegen. Entsprechende Aufklärung liegt im Interesse eines selbstbewussten Parlaments.
Politisch wirft die Causa aber noch eine andere Frage auf: Eine der wesentlichsten Aufgaben der Bundestheater Holding liegt im konzernweiten Controlling und der konzernweiten Revision. Die nun zu Tage tretenden Unregelmäßigkeiten bringen den Anschein mit sich, dass diese Kontrolle nur unzureichend ausgeführt wurde. Da stellt sich die Frage, ob es einer solchen Holding Konstruktion überhaupt bedarf. Die Bundesmuseen kommen ohne Holding-Konstruktion aus. Wir werden diese Frage in den nächsten Wochen prüfen.
Heute also im Parlament die Regierungserklärung der neuen und zu überwiegendem Teil (leider nicht in Bezug auf ein eigenständiges Wissenschaftsressort) alten Bundesregierung.
Die Stoßrichtung des Programms hat Bundeskanzler Faymann bereits letzten Donnerstag vorgeben: Österreich muss nicht neu erfunden werden. Was er und auch Vizekanzler Spindelegger nicht gesagt haben: Das können wir – SPÖ und ÖVP – auch nicht. Dieses Programm ist blutleer. Der kleinste, ja allerkleinste gemeinsame Nenner. Die letzte Ausfahrt der Rot-Schwarzen Koalition.
Zunächst aber das Positive: Ja, es finden sich viele kleine Maßnahmen, die durchaus positiv zu sehen sind. Allen voran die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Höchste Zeit! So beispielsweise auch in den Bereichen Familie die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes (wobei zu hoffen ist, dass das nicht zulasten der einkommensabhängigen Variante geht). Vor allem den weiteren quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung begrüße ich sehr, wobei anzumerken ist, dass zwar der qualitative Aspekt auch erwähnt wird, sich konkret aber zu Schließtagen oder vor allem Gruppengrößen und Betreuungsschlüssel nichts findet.
Zu begrüßen ist auch der Ausbau der Ganztagesschule wobei Wert darauf gelegt werden muss, dass eine Lösung auch für die Ferienzeit gefunden werden muss, die immer mehr zum Problem für junge Familien werden.
Im Justizbereich ist nicht viel Konkretes zu finden. Die spannendste Aussage kam vom neuen Minister Brandstetter selbst in einem Interview als er die Reform des Weisungsrechts des Ministers an die Staatsanwaltschaft versprochen hat. Jedenfalls positiv ist, dass die Ergebnisse der Taskforce Jugendliche umgesetzt werden sollen. Dabei geht es vor allem um die Frage und den praktischen Umgang mit (oder die Vermeidung der) der U-Haft von Jugendlichen. Richtigerweise wird auch das Thema der (hohen) Gerichtsgebühren angeschnitten.
Meine Kommentare zum Kunst- und Kulturkapitel reiche ich nach. Hier möchte ich etwas mehr ausführen.
Verheerend und geradezu kurzsichtig ist es, das eigenständige Wissenschaftsministerium innerparteilichen Machtlogiken zu opfern. Hier übersieht Spindelegger die Macht der Symbole und es bleibt zu befürchten, dass Aspekte wie die Grundlagenforschung zu kurz kommen werden. Ein entsprechender Antrag auf Beibehaltung des eigenständigen Ressorts für Wissenschaft und Forschung von den Grünen und von NEOS wurde heute mehrheitlich abgelehnt.
Meine besondere Kritik an dem Regierungsprogramm ist aber folgende: was fehlt ist ein Leuchtturmprojekt. Eines, das den mittlerweile fast unisono tönende (und das MUSS den beiden Parteien doch zu denken geben) Kritikern – Journalisten_innen, politische Kommentatoren_innen und vor allem Bürgerinnen und Bürgern – an diesem Regierungsprogramm entgegen hält: „Wir haben es verstanden! Wir können nicht so weiter machen.“
Doch im zugegeben großen Teich des Minimalkonsenses zu schwimmen ist business as usual.
So fehlt diesem Regierungsprogramm vor allem eines: die Politik! Im Sinne eines echten Gestaltungswillens statt eines bloßen Verwaltungswillens.
Ein unpolitisches Programm also, das man ehrlicherweise so kommentiert hätte:
„Ja, wir wissen es. Das ist kein großer Wurf. Den schaffen wir nicht. Dazu sind wir zu gebunden und gefesselt von unseren eigenen (Macht-)Strukturen. Wir haben keine Alternative, wir sind aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament aneinander gebunden und einander ausgeliefert. Mit der FPÖ will niemand von uns. So bleibt uns eines: weiter zu verwalten. Und darauf zu schauen, dass der andere keinen Punkt macht.“
Man spürt es: das ist mit ziemlicher Sicherheit die letzte Ausfahrt der großen Koalition. Das ist beklemmend, denn die Zukunft ist unsicher. Umso mehr gilt der Satz der österreichischen Bundeshymne, an dem NEOS Anleihe genommen hat: „Mutig in die neuen Zeiten!“.
„Die Wahrheit ist den Bürger_innen zumutbar.“ Dieses leicht abgewandelte Zitat der großartigen Ingeborg Bachmann dürfte bei den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP wohl nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Während uns unter anderem der NSA-Abhörskandal vor Augen geführt hat, dass wir Bürger_innen vor dem Staat kaum mehr etwas verheimlichen können, verlaufen Initiativen für mehr staatliche Transparenz immer wieder im Sand.
So auch im Frühsommer als federführend von dem damaligen Klubobmann Karlheinz Kopf eine Initiative zur Anschaffung des Amtsgeheimnisses in der Verfassung und der Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes abgewürgt wurde. Immerhin konnten SPÖ und ÖVP, namentlich die beiden Staatssekretäre Ostermayer und Kurz mediale Pluspunkte verbuchen, hatten sie doch vollmundig beteuert, ein Informationsfreiheitsgesetz in Österreich etablieren zu wollen (Zitat StS Kurz: „Es braucht einen großen Wurf:“) und somit die Forderungen der überparteilichen Initiative transparenzgesetz.at zu verwirklichen.
NEOS hat diese Initiative rund um Josef Barth und Hubert Sickinger immer unterstützt.
Worum geht es?
Ausgehend von Skandalen wie Kostenüberschreitungen bei öffentlichen Bauprojekten oder zweifelhaften, weil verdächtig nach Freunderlwirtschaft anmutenden Aufträgen seitens der öffentlichen Hand – echte Kontrolle der Verwaltung kann nur dann passieren, wenn dieses Kontrollrecht der Öffentlichkeit – sprich den Bürgerinnen und Bürgern eingeräumt wird. In einer lebendigen Demokratie muss der Staat staatliches Handeln begründen und offen legen – er muss Rechenschaft ablegen. Gegenüber dem Steuerzahler, gegenüber dem Bürger.
In Österreich ist das Amtsgeheimnis im Verfassungsrang Prinzip. Das Auskunftspflichtgesetz ermöglicht es dem Bürger Auskünfte über die Verwaltungstätigkeit zu verlangen, „sofern eine gesetzliche Verschwiegenheit dem nicht entgegen steht“. Dieses Recht ist ziemlich eingeschränkt.
Es ist längst an der Zeit, dass das noch aus der Monarchie stammende Amtsgeheimnis, das mehr Ausfluss eines absolutistischen Staatsverständnisses ist als eines Staates, dessen Recht vom Volke ausgeht, durch ein Informationsfreiheitsgesetz ersetzt wird.
Was es braucht ist ein Paradigmenwechsel: nicht der Bürger als Bittsteller gegenüber dem Staat sondern eine prinzipiell transparente Verwaltung, die Auskunft gibt darüber, was öffentliche Organe in ihrem Wirkungsbereich tun und vor allem auch wie die Steuermittel verwendet werden.
Transparenz als Desinfektionsmittel:
Gerade im Bereich der Korruptionsbekämpfung – ja aber generell der Effizienz des Einsatzes von öffentliche Geldern ist Transparenz unerlässlich. Die Notwendigkeit dieser Forderung von NEOS wurde nun auch durch eine Studie des kanadischen Zentrums für Gesetz und Demokratie sowie von Access-Info Europe bestätigt. Im aktuellen Global Right to Information Ranking belegt Österreich von 97 berücksichtigten Nationen den traurigen letzten Platz. Das Urteil von Helen Darbishire, Vizepräsidentin von Access Info, fällt vernichtend aus: Österreich habe in puncto Transparenz die weltweit schwächste gesetzliche Regelung, viele Maßnahmen die in anderen Ländern selbstverständlich sind fehlen hierzulande gänzlich. Die Amtsverschwiegenheit steht in Verfassungsrang. Somit wird die Beauskunftung der Bürger_innen zur Holschuld. Elf verschiedene gesetzliche Regelungen zur Auskunftspflicht verwässern das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zugesprochene Recht der Bürger_innen auf Einblick in öffentliche Angelegenheiten.
Österreich belegt im RTI-Ranking den letzten Platz, während es im Nachbarland Slowenien Vorzeigeprojekte in staatlicher Transparenz gäbe.
Die Unstimmigkeiten rund um die Vergabe eines Auftrages an den Sicherheitsdienstleister G4S im Schubhaftzentrum Vordernberg führen aktuell vor Augen, wie die Amtsverschwiegenheit zu Verschleierung von zwielichtigen Entscheidungen führen kann.
NEOS hat nun einen Expertenentwurf der Initiative Transparenzgesetz.at aufgegriffen und als Gesetzesantrag eingebracht – mit leichten Adaptierungen. In einem Schritt soll das Amtsgeheimnis durch eine prinzipielle Informationsfreiheit in der Verfassung ersetzt werden. Damit einhergehend soll eine Veröffentlichungspflicht oder eigentlich Zugänglichmachungspflicht seitens der Behörden festgeschrieben werden – das heißt, dass Behörden ihre Verwaltungsakte auch veröffentlichen müssen in einem Register.
In einem weiteren Schritt muss die Vorlage eines echten Informationsfreiheitsgesetzes erarbeitet werden. Dieses muss regeln, wie der Zugang zu Information bestehen soll und welche Behörde mit der Durchsetzung und der Kontrolle des Rechts betraut wird. Die Initiative schlägt hier einen Informationsschutzbeauftragten vor.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir als NEOS uns EIN Informationsfreiheitsgesetz für das gesamte Bundesgebiet wünschen. Das wird zu Diskussionen führen, werden doch die Länder auf eigenen Ausführungsgesetzen bestehen. Die Gefahr besteht aber, dass durch 10 verschiedene Gesetze der Zugang zu Information zersplittert würde und letztlich zu einer Verwässerung und Rechtsunsicherheit führen würde.
Selbstverständlich müssen auch Grenzen der Informationsfreiheit normiert sein. Außer Frage, dass das Datenschutzrecht hier die Grenzen ziehen muss. Gerade dann, wenn es um persönliche Daten Dritter geht, ist Vorsicht geboten. Die Grenzen müssen klug gezogen werden, dass das Ziel der Informationsfreiheit einerseits nicht konterkartiert wird, andererseits jedoch ein starker Schutz von Persönlichkeitsrechten bestehen bleibt. Wir wollen den gläsernen Staat, nicht den gläsernen Bürger!
Unser Nachbarland Slowenien oder auch die Stadt Hamburg haben vorgezeigt, wie in der öffentlichen Verwaltung Transparenz, demokratische Teilhabe und Datenschutz erfolgreich unter einen Hut gebracht werden können.
Ein fast wortidenter Antrag der Grünen ist heute auch Gegenstand der ersten Lesung im Parlament. Selbstverständlich unterstützen wir diesen Antrag, der unserem nahezu gleicht.
Ich bedaure jedoch, dass es nicht möglich war, dass NEOS und Grüne gemeinsam diesen Antrag eingebracht haben. Ich denke, dass es wichtig ist, bei gemeinsamen Anliegen auch gemeinsame Schritte zu setzen. So stehe ich schon seit ein paar Wochen auch mit den Piraten in Kontakt, die sich im Wahlkampf ebenso für ein Informationsfreiheitsgesetz stark gemacht haben.
Last but not least wird es nun von den Koalitionsverhandlungen abhängen, ob Österreich in den kommenden fünf Jahren diesen Paradigmenwechsel erleben wird. Die große Koalition wurde bei der Wahl nicht zuletzt nach zahlreichen Fällen von Korruption und Misswirtschaft von den Wähler_innen abgestraft. Reumütig wurde am Wahlabend ein „neuer Stil“ in der Regierung versprochen. SPÖ und ÖVP können nun unter Beweis stellen, wie ernst ihnen das ist. Es gilt, das Verhältnis zwischen Staat und Bürger_innen in der Informationspflicht umzudrehen. Hans Niessl und Andreas Khol, die in den Koalitionsverhandlungen das Kapitel Verfassung behandeln, können nun zeigen, ob sie uns Bürger_innen weiterhin als Bittsteller abtun wollen, oder ob sie uns als mündige Teilnehmer an der Demokratie ernst nehmen.
Ich bin schon einigermaßen verdutzt mit welch ideologischer Vehemenz die Präsidentin des Wiener Stadtschulrats Susanne Brandsteidl (SPÖ) heute in der Presse verpflichtende Ganztagesschulen für alle fordert.
Sie fordert ein Ende der Mitsprache von Eltern und Lehrern beim Ausbau der Ganztagesschule und will die Ganztagesschule als Regelschule für alle verpflichtend etablieren. Nicht ganz verpflichtend – Privatschulen sollen das halbtägige Angebot stellen. Wer also will, dass sein Kind zu Mittag nach Hause kommt, soll es in eine Privatschule schicken.
Das ist bemerkenswert aus vielerlei Hinsicht:
Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung: ich selbst suche gerade eine Volksschule für meine ältere Tochter. Ich selbst hätte gerne eine Schule, die ganztägig ist. Ich finde in meinem unmittelbaren Umfeld keine öffentliche Schule, die einen verschränkten Unterricht bietet. Ich finde aber Privatschulen, die das tun. Mmmh… was soll ich jetzt machen? Stell Dir vor, dann kommt die verpflichtende Halbtagesschule für Privatschulen…