Nun ist es endlich soweit und endlich dürfen die Bürgerinnen und Bürger mitreden. Es gilt jedoch hopp oder drop(p) die Fußgängerzone.

Das ist insoferne beunruhigend, als andere Beispiele (schlecht eingesetzter) Elemente direkter Demokratie gezeigt haben, dass ein Thema danach jahrelang vom Tisch ist – so zB die Frage der Wehrpflicht oder eine Citymaut.

Wenn jetzt die Befragung negativ hinsichtlich der Verkehrsberuhigung ausgeht, dann war’s dann wohl auf absehbare Zeit mit der Mahü. Das wäre Schade, ja geradezu eine vertane Chance. Wie die ganze Chose insgesamt eine einzige vertane Chance ist.

Stadtplanung muss heutzutage in ständigem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern passieren. Zugegeben – die Grünen haben Dialogrunden gemacht auch vor der probeweisen Einführung der Fuzo. Wirkliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger war das jedoch nicht, zumal man ja ein gewünschtes Ergebnis durchpeitschen sollte, das ja in der Dimension kein reines Stadtplanungsprojekt ist sondern DAS Prestigeprojekt der Wiener Grünen in der Stadtregierung.

Viel wurde schon geschrieben darüber, ob man ein derartiges Projekt überhaut probeweise einführen kann. Ich behaupte: ohne bauliche Maßnahmen, nein. Und dann wäre es kostenmäßig nur schwer erklärbar, dass es probeweise passiert. Aber eine Fußgängerzone muss ausschauen wie eine, sich anfühlen wie eine und ich persönlich habe meinen Kleikindertest: würde ich meine Kinder dort herumlaufen lassen? Nein, würde ich nicht. Dann fehlt aber das Entscheidende: nämlich das Gefühl dafür, was eine Fuzo bringen kann.

Und da komm ich zum springenden Punkt: zum Gefühl. Die Grünen haben es verabsäumt Lust auf da Projekt zu machen. Lust durch Beteiligung, durch Mitgestaltung. Was hätte man machen können? Wettbewerbe für die Gestaltung des öffentlichen Raums, Ideenaufruf für Kunst im öffentlichen Raum Projekte. Skizzen und Modelle (bitte mit Kostenrechnungen!!! – in einer dermaßen verschuldeten Stadt ein unbedingtes MUSS), die man lustvoll zeigen hätte können und dann die Bürgerinnen und Bürger befragen. Ja die Bürgerinnen und Bürger – und selbstverständlich auch die Unternehmen dort – wirklich beteiligen am Prozess. Lustvoll, inklusiv, ergebnisoffen.
Jetzt wird einiges nachgeholt. Jetzt kursieren Videos und jetzt werden hunderttausende Euro in Kampagnen gesteckt, die selbstverständlich alle die Gefühlswelt ansprechen sollen. Das Geld wäre in einem Vorzeigebeteiligungsprozess, der Vorbildcharakter hätte entwickeln können, besser investiert gewesen…..

Wir NEOS sind für das Projekt. Warum? Rein prinzipiell weil die Zukunft der Stadt – einer wachsenden Stadt – nicht in Durchzugsstraßen liegen kann. Weil Stadtplanung heutzutage Begegnungsräume schaffen muss und einen lebendigen, erlebbaren und lustvollen öffentlichen Raum gestalten soll. Weil es um die Lebensqualität der Menschen geht und nicht, um das bessere Fortkommen der Autos.

Allerdings darf keine unüberwindbare Mauer entstehen. Querungen sind mit Sicherheit sinnvoll.

Ob Radfahrer dort fahren sollten (ich unterstelle, dass es den Grünen primär überhaupt um die gegangen ist, denn als Radfahrerin kann ich sagen, dass die Mahü schwierig war, denn die Fahrbahn war simpel zu eng für Autos und Radfahrer und die Steigung stadtauswärts führt dazu, dass die Radfahrer auch langsam unterwegs sind), kommt darauf an. Worauf? Welche baulichen Maßnahmen man setzen kann um zu verhindern, dass es ein Rad – Highway wird. Hier kommt wieder mein Kleinkindertest ins Spiel…

Ich halte es für wichtig klar Position zu beziehen. Nur zu kritisieren ist zu wenig.

Verkehrsberuhigung ja.

Ich mach die Augen zu und sehe eine lebendige Straße, mit Cafés und Sitzmöglichkeiten, mit Kunstprojekten und Kindern, die spielen. Ich sehe Interaktionen, Gespräche. Und ich sehe einen Regionalmarkt, der jeden Samstag auf der Mahü Stellung bezieht. Aber zugegeben: wenn ich die Augen schließe, dann scheint über der Mahü immer die Sonne 🙂

Vorige Wochen haben der Kollege Rainer Hable und ich im Plenum aus dem Wyman Bericht zu den Abwicklungsszenarien der Hypo vorgelesen. Der Bericht spricht sich recht deutlich für eine Insolvenzlösung aus. Die Hypo in die Pleite zu schicken wäre aus volkswirtschaftlicher Sicht das beste Szenario unter den vielen Übeln.

Selbstverständlich ist der Bericht geheim. So geheim, dass nun eine Woche später auch Armin Wolf den Bericht gelesen hat und twitterte, dass der Bericht das Insolvenzszenario doch wesetnlich deutlicher favorisiere als er gedacht habe.

Wir hätten den Bericht gerne veröffentlicht. Dürfen wir aber nicht. So weit reicht unsere Immunität nicht, dass sie auch diesen Blog hier beispielsweise mitumfasst. Gut so. Schlecht für die Transparenz in Sachen Hypo-Debakel.

Jetzt gehen wir einen anderen Weg: heute haben wir eine schriftliche Anfrage zum Bericht einbracht. Die Anfrage findet sich hier und damit nun auch der Bericht.

Transparenz zur Diskussionsgrundlage. Nun auch für jederman zugänglich.

Das Hypo-Debakel wird zum größten Finanzdebakel der zweiten Republik. Das hat auch Vizekanzler Michael Spindelegger heute bestätigt.

Die Steuerzahler_innen sind schon zur Kasse gebeten worden – rund 3,6 Mrd Euro sind in den letzten fünf Jahren  schon in die Hypo geflossen. Das sind 2 Millionen Euro am Tag!

Und es wird noch bedeutend mehr werden. Das ist klar und war auch schon voriges Jahr klar. Doch das war ein Wahljahr und um mit der Budgetlüge den Wählerinnen und Wählern Sand in die Agen zu streuen wurde das Problem vertagt und vertagt und vertagt.

Rechtlich sind viele Aspekte der offensichtlich kriminellen Vorgänge in der Hypo zu klären. Politisch muss es hier noch Aufklärung geben. Eine etwaige politische Mit-Verantwortung wird jedenfalls früher oder später ans Licht kommen. So oder so. Mit oder ohne Untersuchungsausschuss, der von SPÖ und ÖVP konsequent verhindert wird.

Selbstverständlich liegt der Ursprung des Debakels im System Haider in Kärnten. Der Grundstein für eine hypertrophe Struktur und ausufernden Haftungen (die aber unter den Bayern weiter gegangen sind).

Nach einer „Not“-Verstaatlichung im Jahr 2009 und nach zwei ÖVP Finanzminister_innen, die keine Entscheidung hinsichtlich Abwicklung getroffen haben, ist nun Spindelegger am Zug. Keine leichte Aufgabe. Jetzt könnte die Bundesregierung zeigen, was es heißt „neuen Stils“ zu sein. Alle Fakten müssen auf den Tisch.

Doch was passiert? Die Bundesregierung hat über drei von der Hypo-Taskforce vorgelegte Abwicklungsszenarien beraten und sich für eine Beteiligungslösung mit Beteiligung der österreichischen Banken ausgesprochen. Warum? Was sind die Überlegungen?

Die Fragen stelen sich insbesondere, weil seit Dezember berichtet wird über eine Studie von Oliver Wyman, in der neben drei Szenarien auch eine Insolvenz aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten beleuchtet wird. Und diese Studie kommt zum Schluss, dass aus volkswirtschaftlichen Überlegungen der Insolvenz der Vorzug gegeben wird.

In der heutigen Plenarsitzung haben mein Kollege Rainer Hable und ich aus dem Bericht skizziert. Wir spielten mit dem Feuer, wurde uns vorgehalten. Vielleicht sind wir aufgrund der Nicht-Information seitens der Regierung zum Zündeln gezwungen.

Im Übrigen hat auch der Bankenexperte des WIFO kürzlich bemerkt, dass es für eine Bad Bank zu spät sei. Zudem muss es auch für Gebietskörperschaften geordnete Insolvenzszenarien geben. Wenn das zu mehr Budgetdisziplin auf Seiten der Länder führt – gut. Ein entsprechender Antrag von uns neos

Neuer Stil würde bedeuten transparent die Entscheidungsgrundlagen darzulegen. Zumindest gegenüber den Finanzsprecher_innen im Parlament. Wenn Transparenz nicht gegeben wird, so sehen wir uns gezwungen für diese zu sorgen.

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In meiner heutigen Rede habe ich aus dem Wyman Bericht zitiert. Konkret wurden folgende vier Modelle geprüft:

Staus quo (vulgo: nix tun), Anstaltsmodell, Beteiligungsmodell und Insolvenz.

Wyman überprüft die Modelle hinsichtlich ihrer volkswirtschaftlichen Auswirkungen, NICHT in Hinblick auf Staatsschuldenstand und Defizit.

Insgesamt priorisiert aus volkswirtschaftlicher Sicht der Wyman Bericht das Insolvenzszenario.

Konkret habe ich drei Punkte aus dem Bericht zitiert:

1. Das Beteiligungmodell mit Beteiligung der österreichischen Banken ist nach Sicht des Wyman Reports hinsichtlich der Umsetzungsrsiken in Bezug auf Komplexität, Dauer und Kosten das schlechteste Szenario. Insbesondere moniert der Bericht, dass diese Variante „hohe Anforderungen an die die Umsetzung“ stellt und es zu „Verzögerungen“ kommen könnte. Kollege Hable wies zu recht auf einen möglichen Abtausch mit der Bankenabgabe hin und damit verbunden, dass die „Lastenteilung seitens der Privaten deutlich geringer ausfallen könnte als im Modell angestrebt“.

2. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die finanzielle Position Kärntens (aus Sicht des Bundes) – und das ist ja das Hauptargument gegen eine Insolvenzlösung – konstatiert der Bericht, dass dies „möglicherweise zu einem zeitweisen Anstieg der Refinnazierungskosten anderer Bundesländer“ führte. Gleichzeitig – und das scheint mir doch bedeutend und in der jetzigen budgetären Lage des Staates sehr positiv – weist er darauf hin, dass eine Insolvenz zu einer „Erhöhung der Fiskaldisziplin bei zukünftig stärkerer Refinanzierung der Bundesländer über die Bundesfinanzagentur“ führte.

3. Schließlich sagt der Breicht im untersuchten Bereich der Reputationsrisiken für den Finanzplatz aus, dass eien Insolvenzlösung ein „enstchlossenes Handeln“ darstellen würde. Negativ wird die Frage angemerkt: „Hätte man es nicht früher machen können/müssen/sollen?“

Und diese Frage ist genau die Richtige in der ganzen Causa…..

Über die vermutlichen Malversationen im Burgtheater sowie das drohende Defizit im Jahresabschluss wird zurzeit viel diskutiert. Leider nicht im Parlament.

Als neue Vorsitzende des Kulturausschusses sehe ich es als meine Verantwortung, dass hier der Kulturausschuss in der Causa tätig wird. Zum einen geht es darum, als Ausschuss Informationen und Aufklärung einzufordern, andererseits sollte der Ausschuss auch zur Aufklärung selbst beitragen.

Aus diesem Grund sehe ich es als notwendig an, dass der Ausschuss rasch tagt. In Frage kämen Termine im Jänner, spätestens im Februar. So weit, so einfach – könnte man meinen. Man könnte auch meinen, dass es im Interesse eines aktiven Parlaments und somit aller Parteien liegt, zu ARBEITEN.

Diesem Anliegen schließen sich auch die anderen Oppositionsparteien und deren Kultursprecher an. Nicht jedoch die Regierungsparteien. Während es von der SPÖ ein klares Nein zu einem Termin im Jänner oder Februar gibt, ergeht sich die ÖVP in Verzögerungstaktik und ist tagelang nicht in der Lage oder unwillens, überhaupt Rückmeldung geben.
Die Begründung der SPÖ für die Blockade des Termins: Minister Ostermayer wäre unter Umständen im Februar noch nicht zuständig. Ja, das kann sein, kann jedoch nicht Thema für das Parlament sein. Es gibt eine verantwortliche Ministerin. Das genügt. Eine regierungsinterne Organisationsfrage kann nicht zulasten der Arbeit des Parlaments gehen. Das Parlament ist eben nicht der verlängerte Arm der Regierung.

So weit also gar nicht so einfach. Schon allein bei der Terminfindung geht ohne SPÖ und ÖVP gar nichts. „Wenn man kommt und alles niederreißen will, dann kann einen das schon schrecken.“ meinte die SPÖ Kultursprecherin Hakel heute gegenüber Ö1 in meine Richtung. Ich bin der Meinung, dass „alles niederreißen“ ein etwas theatralisches (wie passend!) Bild für die Frage eines Termins ist. Aber das wär ja wohl noch schöner, wenn da eine kommt und glaubt, in diesem Parlament wolle man wirklich arbeiten.
Das wird also noch lustig, wenn es dann um die Tagesordnung geht. Geschreckt bin ich jedenfalls nicht.

Apropos Tagesordnung:

Noch unerledigt aus der letzten Gesetzgebungsperiode ist der Kulturbericht 2012, der zwar schon seit Juli des vergangenen Jahres im Parlament liegt, bis dato aber noch nicht im Ausschuss diskutiert wurde. Der Bericht zeigt auch die strukturellen Probleme des Burgtheaters auf: Im Budget des Geschäftsjahres 2011/2012 zeigt sich der „nicht liquiditätswirksame Jahresfehlbetrag“ von 3,7 Millionen Euro, der aufgrund einer „geänderten Abschreibungsmethodik“ entstanden wäre.

Der Bericht gehört diskutiert und behandelt. Und böte einen guten Anlass um den Direktor der Bundestheater Holding Georg Springer und den Direktor des Burgtheaters Matthias Hartmann in den Ausschuss einzuladen und ihnen Gelegenheit zu geben, Ihre Sicht rund um die aktuellen Ereignisse und hinsichtlich der strukturellen Probleme des Theaters darzulegen.

In einem Gespräch gestern betonte Direktor Hartmann, dass er gerne in den Ausschuss komme. Freu mich – dann wohl auf den März.

Die Causa rund um die Suspendierung und Entlassung der Stv. Direktorin des Burgtheater Silvia Stantejsky wirft eine ganze Reihe an Fragen auf.

Erstens geht es um die Entlassung selbst. Aus welchen Gründen wurde sie getätigt? Wieso hat sich auf Stantejskys Privatkonto ein 5-stelliger Euro Betrag aus dem Burgtheater-Budget gefunden, wie das das Profil berichtet? In mehreren Medien war zu lesen – gestützt auf Aussagen von Bundestheater-Holding Chef Georg Springer sowie Burgtheater Direktor Matthias Hartmann – Stantejsky habe sich nicht selbst bereichert. Stimmt, was Stantejskys Anwältin dem Profil gegenüber sagt, nämlich, dass es sich bei der Überweisung des Betrags auf Stantejskys Privatkonto um eine Rückzahlung handelt von Beträgen, die Stantejsky selbst dem Burgtheater vorgestreckt habe? Dies wäre unglaublich: eine stellvertretende Direktorin borgt also einer öffentlich subventionierten Institution Geld? Was sagt das über die Liquiditätssituation des Hauses am Ring aus? Was ist mit dem Vier-Augen Prinzip im Burgtheater? Selbst wenn es so ist, wie kann die Verantwortung hier allein bei Stantejsky liegen?

Interessant jedenfalls, dass von Seiten der sonst oft so kämpferisch und lauten Personalvertreter kein Sterbenswörtchen zu vernehmen war. Interessant weiter, dass das Ensemble des Burgtheaters sich hinter Stantejsky stellt.

Davon abgesehen wirft diese Causa nun auch Licht auf die budgetäre Situation des Burgtheaters. Hartmann und Stantejsky selbst haben wiederholt auf die schwierige finanzielle Situation hingewiesen. Was ist da los?

Der Geschäftsbericht 2011/2012 weist einen „nicht liquiditätswirksamen Jahresfehlbetrag“ von 3,7 Millionen Euro aus. Die neuen Abschlussprüfer hätten eine neue Abschreibungsmethode gefordert. Angeblich haben die neu bestellten Abschlussprüfer von PwC unter anderem mehrjährige Abschreibungen etwa von Bühnenbildern – über die Dauer der Spielzeit hinaus – nicht akzeptiert. Hier sei der § 204 UGB erwähnt:

 § 204. (1) Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind bei den Gegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich wirtschaftlich genutzt werden kann.

Zudem wird spekuliert, dass die Jahresbilanz 2012/13 ein Defizit von 10 bis 12 Millionen Euro aufweisen wird. Matthias Hartmann hat hierzu nicht Stellung genommen. In Kürze veröffentlicht der Rechnungshof einen Bericht zur Bundestheater Holding. Begrüßenswerterweise überlegt er nun auch eine Prüfung des Burgtheaters.

Das Parlament und somit die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht auf volle Aufklärung. In allererster Linie ist hier der neue Kulturminister Josef Ostermayer gefragt, dem Kulturausschuss Antworten zu geben. Zusätzlich ist es mein Wunsch als Vorsitzende des Kulturausschusses, dass die Direktoren Springer und Hartmann im Rahmen eines ehestmöglichen Termins des Kulturausschusses als Auskunftspersonen Gelegenheit bekommen, die Angelegenheit gegenüber den Volksvertretern darzulegen. Entsprechende Aufklärung liegt im Interesse eines selbstbewussten Parlaments.

Politisch wirft die Causa aber noch eine andere Frage auf: Eine der wesentlichsten Aufgaben der Bundestheater Holding liegt im konzernweiten Controlling und der konzernweiten Revision. Die nun zu Tage tretenden Unregelmäßigkeiten bringen den Anschein mit sich, dass diese Kontrolle nur unzureichend ausgeführt wurde. Da stellt sich die Frage, ob es einer solchen Holding Konstruktion überhaupt bedarf. Die Bundesmuseen kommen ohne Holding-Konstruktion aus. Wir werden diese Frage in den nächsten Wochen prüfen.

Ein unpolitisches Programm

Heute also im Parlament die Regierungserklärung der neuen und zu überwiegendem Teil (leider nicht in Bezug auf ein eigenständiges Wissenschaftsressort) alten Bundesregierung.

Die Stoßrichtung des Programms hat Bundeskanzler Faymann bereits letzten Donnerstag vorgeben: Österreich muss nicht neu erfunden werden. Was er und auch Vizekanzler Spindelegger nicht gesagt haben: Das können wir – SPÖ und ÖVP – auch nicht. Dieses Programm ist blutleer. Der kleinste, ja allerkleinste gemeinsame Nenner. Die letzte Ausfahrt der Rot-Schwarzen Koalition.

Zunächst aber das Positive: Ja, es finden sich viele kleine Maßnahmen, die durchaus positiv zu sehen sind. Allen voran die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Höchste Zeit! So beispielsweise auch in den Bereichen Familie die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes (wobei zu hoffen ist, dass das nicht zulasten der einkommensabhängigen Variante geht). Vor allem den weiteren quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung begrüße ich sehr, wobei anzumerken ist, dass zwar der qualitative Aspekt auch erwähnt wird, sich konkret aber zu Schließtagen oder vor allem Gruppengrößen und Betreuungsschlüssel nichts findet.

Zu begrüßen ist auch der Ausbau der Ganztagesschule wobei Wert darauf gelegt werden muss, dass eine Lösung auch für die Ferienzeit gefunden werden muss, die immer mehr zum Problem für junge Familien werden.

Im Justizbereich ist nicht viel Konkretes zu finden. Die spannendste Aussage kam vom neuen Minister Brandstetter selbst in einem Interview als er die Reform des Weisungsrechts des Ministers an die Staatsanwaltschaft versprochen hat. Jedenfalls positiv ist, dass die Ergebnisse der Taskforce Jugendliche umgesetzt werden sollen. Dabei geht es vor allem um die Frage und den praktischen Umgang mit (oder die Vermeidung der) der U-Haft von Jugendlichen. Richtigerweise wird auch das Thema der (hohen) Gerichtsgebühren angeschnitten.

Meine Kommentare zum Kunst- und Kulturkapitel reiche ich nach. Hier möchte ich etwas mehr ausführen.

Verheerend und geradezu kurzsichtig ist es, das eigenständige Wissenschaftsministerium innerparteilichen Machtlogiken zu opfern. Hier übersieht Spindelegger die Macht der Symbole und es bleibt zu befürchten, dass Aspekte wie die Grundlagenforschung zu kurz kommen werden. Ein entsprechender Antrag auf Beibehaltung des eigenständigen Ressorts für Wissenschaft und Forschung von den Grünen und von NEOS wurde heute mehrheitlich abgelehnt.

Meine besondere Kritik an dem Regierungsprogramm ist aber folgende: was fehlt ist ein Leuchtturmprojekt. Eines, das den mittlerweile fast unisono tönende (und das MUSS den beiden Parteien doch zu denken geben) Kritikern – Journalisten_innen, politische Kommentatoren_innen und vor allem Bürgerinnen und Bürgern – an diesem Regierungsprogramm entgegen hält: „Wir haben es verstanden! Wir können nicht so weiter machen.“

Doch im zugegeben großen Teich des Minimalkonsenses zu schwimmen ist business as usual.

So fehlt diesem Regierungsprogramm vor allem eines: die Politik! Im Sinne eines echten Gestaltungswillens statt eines bloßen Verwaltungswillens.
Ein unpolitisches Programm also, das man ehrlicherweise so kommentiert hätte:

„Ja, wir wissen es. Das ist kein großer Wurf. Den schaffen wir nicht. Dazu sind wir zu gebunden und gefesselt von unseren eigenen (Macht-)Strukturen. Wir haben keine Alternative, wir sind aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament aneinander gebunden und einander ausgeliefert. Mit der FPÖ will niemand von uns. So bleibt uns eines: weiter zu verwalten. Und darauf zu schauen, dass der andere keinen Punkt macht.“

Man spürt es: das ist mit ziemlicher Sicherheit die letzte Ausfahrt der großen Koalition. Das ist beklemmend, denn die Zukunft ist unsicher. Umso mehr gilt der Satz der österreichischen Bundeshymne, an dem NEOS Anleihe genommen hat: „Mutig in die neuen Zeiten!“.

„Die Wahrheit ist den Bürger_innen zumutbar.“ Dieses leicht abgewandelte Zitat der großartigen Ingeborg Bachmann dürfte bei den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP wohl nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Während uns unter anderem der NSA-Abhörskandal vor Augen geführt hat, dass wir Bürger_innen vor dem Staat kaum mehr etwas verheimlichen können, verlaufen Initiativen für mehr staatliche Transparenz immer wieder im Sand.

So auch im Frühsommer als federführend von dem damaligen Klubobmann Karlheinz Kopf eine Initiative zur Anschaffung des Amtsgeheimnisses in der Verfassung und der Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes abgewürgt wurde. Immerhin konnten SPÖ und ÖVP, namentlich die beiden Staatssekretäre Ostermayer und Kurz mediale Pluspunkte verbuchen, hatten sie doch vollmundig beteuert, ein Informationsfreiheitsgesetz in Österreich etablieren zu wollen (Zitat StS Kurz: „Es braucht einen großen Wurf:“) und somit die Forderungen der überparteilichen Initiative transparenzgesetz.at zu verwirklichen.

NEOS hat diese Initiative rund um Josef Barth und Hubert Sickinger immer unterstützt.

Worum geht es?
Ausgehend von Skandalen wie Kostenüberschreitungen bei öffentlichen Bauprojekten oder zweifelhaften, weil verdächtig nach Freunderlwirtschaft anmutenden Aufträgen seitens der öffentlichen Hand – echte Kontrolle der Verwaltung kann nur dann passieren, wenn dieses Kontrollrecht der Öffentlichkeit – sprich den Bürgerinnen und Bürgern eingeräumt wird. In einer lebendigen Demokratie muss der Staat staatliches Handeln begründen und offen legen – er muss Rechenschaft ablegen. Gegenüber dem Steuerzahler, gegenüber dem Bürger.

In Österreich ist das Amtsgeheimnis im Verfassungsrang Prinzip. Das Auskunftspflichtgesetz ermöglicht es dem Bürger Auskünfte über die Verwaltungstätigkeit zu verlangen, „sofern eine gesetzliche Verschwiegenheit dem nicht entgegen steht“. Dieses Recht ist ziemlich eingeschränkt.

Es ist längst an der Zeit, dass das noch aus der Monarchie stammende Amtsgeheimnis, das mehr Ausfluss eines absolutistischen Staatsverständnisses ist als eines Staates, dessen Recht vom Volke ausgeht, durch ein Informationsfreiheitsgesetz ersetzt wird.
Was es braucht ist ein Paradigmenwechsel: nicht der Bürger als Bittsteller gegenüber dem Staat sondern eine prinzipiell transparente Verwaltung, die Auskunft gibt darüber, was öffentliche Organe in ihrem Wirkungsbereich tun und vor allem auch wie die Steuermittel verwendet werden.

Transparenz als Desinfektionsmittel:
Gerade im Bereich der Korruptionsbekämpfung – ja aber generell der Effizienz des Einsatzes von öffentliche Geldern ist Transparenz unerlässlich. Die Notwendigkeit dieser Forderung von NEOS wurde nun auch durch eine Studie des kanadischen Zentrums für Gesetz und Demokratie sowie von Access-Info Europe bestätigt. Im aktuellen Global Right to Information Ranking belegt Österreich von 97 berücksichtigten Nationen den traurigen letzten Platz. Das Urteil von Helen Darbishire, Vizepräsidentin von Access Info, fällt vernichtend aus: Österreich habe in puncto Transparenz die weltweit schwächste gesetzliche Regelung, viele Maßnahmen die in anderen Ländern selbstverständlich sind fehlen hierzulande gänzlich. Die Amtsverschwiegenheit steht in Verfassungsrang. Somit wird die Beauskunftung der Bürger_innen zur Holschuld. Elf verschiedene gesetzliche Regelungen zur Auskunftspflicht verwässern das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zugesprochene Recht der Bürger_innen auf Einblick in öffentliche Angelegenheiten.

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Österreich belegt im RTI-Ranking den letzten Platz, während es im Nachbarland Slowenien Vorzeigeprojekte in staatlicher Transparenz gäbe.

Die Unstimmigkeiten rund um die Vergabe eines Auftrages an den Sicherheitsdienstleister G4S im Schubhaftzentrum Vordernberg führen aktuell vor Augen, wie die Amtsverschwiegenheit zu Verschleierung von zwielichtigen Entscheidungen führen kann.

NEOS hat nun einen Expertenentwurf der Initiative Transparenzgesetz.at aufgegriffen und als Gesetzesantrag eingebracht – mit leichten Adaptierungen. In einem Schritt soll das Amtsgeheimnis durch eine prinzipielle Informationsfreiheit in der Verfassung ersetzt werden. Damit einhergehend soll eine Veröffentlichungspflicht oder eigentlich Zugänglichmachungspflicht seitens der Behörden festgeschrieben werden – das heißt, dass Behörden ihre Verwaltungsakte auch veröffentlichen müssen in einem Register.
In einem weiteren Schritt muss die Vorlage eines echten Informationsfreiheitsgesetzes erarbeitet werden. Dieses muss regeln, wie der Zugang zu Information bestehen soll und welche Behörde mit der Durchsetzung und der Kontrolle des Rechts betraut wird. Die Initiative schlägt hier einen Informationsschutzbeauftragten vor.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir als NEOS uns EIN Informationsfreiheitsgesetz für das gesamte Bundesgebiet wünschen. Das wird zu Diskussionen führen, werden doch die Länder auf eigenen Ausführungsgesetzen bestehen. Die Gefahr besteht aber, dass durch 10 verschiedene Gesetze der Zugang zu Information zersplittert würde und letztlich zu einer Verwässerung und Rechtsunsicherheit führen würde.

Selbstverständlich müssen auch Grenzen der Informationsfreiheit normiert sein. Außer Frage, dass das Datenschutzrecht hier die Grenzen ziehen muss. Gerade dann, wenn es um persönliche Daten Dritter geht, ist Vorsicht geboten. Die Grenzen müssen klug gezogen werden, dass das Ziel der Informationsfreiheit einerseits nicht konterkartiert wird, andererseits jedoch ein starker Schutz von Persönlichkeitsrechten bestehen bleibt. Wir wollen den gläsernen Staat, nicht den gläsernen Bürger!
Unser Nachbarland Slowenien oder auch die Stadt Hamburg haben vorgezeigt, wie in der öffentlichen Verwaltung Transparenz, demokratische Teilhabe und Datenschutz erfolgreich unter einen Hut gebracht werden können.

Ein fast wortidenter Antrag der Grünen ist heute auch Gegenstand der ersten Lesung im Parlament. Selbstverständlich unterstützen wir diesen Antrag, der unserem nahezu gleicht.
Ich bedaure jedoch, dass es nicht möglich war, dass NEOS und Grüne gemeinsam diesen Antrag eingebracht haben. Ich denke, dass es wichtig ist, bei gemeinsamen Anliegen auch gemeinsame Schritte zu setzen. So stehe ich schon seit ein paar Wochen auch mit den Piraten in Kontakt, die sich im Wahlkampf ebenso für ein Informationsfreiheitsgesetz stark gemacht haben.
Last but not least wird es nun von den Koalitionsverhandlungen abhängen, ob Österreich in den kommenden fünf Jahren diesen Paradigmenwechsel erleben wird. Die große Koalition wurde bei der Wahl nicht zuletzt nach zahlreichen Fällen von Korruption und Misswirtschaft von den Wähler_innen abgestraft. Reumütig wurde am Wahlabend ein „neuer Stil“ in der Regierung versprochen. SPÖ und ÖVP können nun unter Beweis stellen, wie ernst ihnen das ist. Es gilt, das Verhältnis zwischen Staat und Bürger_innen in der Informationspflicht umzudrehen. Hans Niessl und Andreas Khol, die in den Koalitionsverhandlungen das Kapitel Verfassung behandeln, können nun zeigen, ob sie uns Bürger_innen weiterhin als Bittsteller abtun wollen, oder ob sie uns als mündige Teilnehmer an der Demokratie ernst nehmen.

Ich bin schon einigermaßen verdutzt mit welch ideologischer Vehemenz die Präsidentin des Wiener Stadtschulrats Susanne Brandsteidl (SPÖ) heute in der Presse verpflichtende Ganztagesschulen für alle fordert.

Sie fordert ein Ende der Mitsprache von Eltern und Lehrern beim Ausbau der Ganztagesschule und will die Ganztagesschule als Regelschule für alle verpflichtend etablieren. Nicht ganz verpflichtend – Privatschulen sollen das halbtägige Angebot stellen. Wer also will, dass sein Kind zu Mittag nach Hause kommt, soll es in eine Privatschule schicken.

Das ist bemerkenswert aus vielerlei Hinsicht:

  1. Entlarvende totalitäre Geisteshaltung
    Chancengerechtigkeit ist ein wichtiges politisches Anliegen. Und gerade für den Bildungsbereich eine unerlässliche Zielvorgabe. Bildung ist der Rohstoff Österreichs und Europas und letztlich der wichtigste Grundstein für letztlich auch die wirtschaftliche Zukunft des ganzen Kontinents. Chancengleichheit ist etwas anderes als –gerechtigkeit. Hier gehen wir in Richtung einer Utopie, bei der dann oft der Ruf nach einem System kommt, das alle Menschen zu besseren Menschen machen wird. Das ist das Wesen totalitärer Systeme. Ein Staat, der keine individuelle Entfaltungsmöglichkeit mehr zulassen möchte. Wer sich dafür einsetzt, dass alle Kinder verpflichtend in eine Ganztagesschule unterrichtet werden, der will nicht dem Einzelnen sein individuelle Entfaltungsmöglichkeit geben, sondern Bevormundung im großen Stil und möglichst alle gleich schalten. Erstaunlich so kurz nach Zeiten, in denen Menschen genau gegen eine derartige Geisteshaltung blutig gekämpft haben.
  2. Unser jetziges Bildungssystem schafft keine Chancengerechtigkeit
    Vielleicht kann man die Bemerkungen Brandsteidls auch als Eingeständnis des Scheiterns unseres Bildungssystems sehen. Wenn 27% der Schüler die Pflichtschule verlassen und nicht sinnerfassend lesen könne, wenn in Sonderschulen der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund überproportional ist, wenn Bildungscurricula weitervererbt werden, dann ist die Politik mit ihrem Streben nach Chancengerechtigkeit offenbar gescheitert. Die Frage, die man nun stellen muss: Warum? Sicherlich nicht, weil zu viel individuelle Entfaltungsmöglichkeit in den Schulen geboten wird.
  3. Der sichere Weg zu einem 2-Klassen-Bildungssystem
    Wenn nur noch Privatschulen das Angebot stellen werden, dass Eltern ihre Kinder am Nachmittag individuell fördern und erziehen, dann ist das der sicherste Weg in eine wirkliche 2-Klassen-Bildung. Wenn jetzt schon viele Eltern Privatschulen den Vorzug gegenüber öffentlichen Schulen geben, dann sollte man darauf schauen, warum das so ist. Interessanterweise war es zu meiner Schulzeit so, dass gerade im privaten Bereich ganztägige Angebote gemacht wurden und die Schulen auch aus diesem Grunde gewählt wurden.
  4. Das Produkt wird nicht verbessert, sondern alle dazu gezwungen es zu kaufen
    Ja, es gibt große vor allem bauliche Herausforderungen für den Ausbau von ganztagesschulen, der zweifelsohne wichtig ist. Die Nachfrage steigt, das Angebot kommt nicht nach. So weit hat Brandsteidl recht. Aber anstatt die Schulen attraktiv zu machen, Räume für Bewegung und Rückzug für Kinder aber auch für Lehrer einzurichten und somit das Angebot zu attraktivieren, sollen nach den Ideen der Stadtschulratspräsidentin offenbar diese Herausforderungen einfach umgangen werden, indem man darüber hinweggeht und sagt: Pech, ist halt so, aber jetzt ist es auch noch verpflichtend.
  5. Befreit die Schulen vom Einfluss der Parteien!
    Die Politik soll den Schulen endlich umfassende Autonomie geben und damit auch das Recht, selbst zu entscheiden, was am Standort mit den zur Verfügung stehenden Mitteln (über die sie dann auch bestimmen können) passiert. Wenn die Nachfrage nach ganztägigen Schulen steigt, dann wird es entsprechende Angebote geben. Aber nur dann, wenn die Schulen auch die Autonomie haben, frei zu entscheiden. Auch hinsichtlich des Lehrpersonals, das hier sicherlich des Öfteren hemmend agiert.

Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung: ich selbst suche gerade eine Volksschule für meine ältere Tochter. Ich selbst hätte gerne eine Schule, die ganztägig ist. Ich finde in meinem unmittelbaren Umfeld keine öffentliche Schule, die einen verschränkten Unterricht bietet. Ich finde aber Privatschulen, die das tun. Mmmh… was soll ich jetzt machen? Stell Dir vor, dann kommt die verpflichtende Halbtagesschule für Privatschulen…

Die ÖVP will also die Macht der EU eindämmen. So verkündet das Reinhold Lopatka in der Presse. Eine europäische Zusammenarbeit mache in gewissen Bereichen „einfach keinen Sinn“, klagt Lopatka und führt beispielhaft das Thema Arbeits- und Sozialpolitik an.

Der ÖVP-Staatssekretär springt damit auf den gemütlichen Bummelzug der Cameron’schen Renationalisierungsdebatte auf. Auch der Niederländer Mark Rutte sitzt im gleichen Zug – ebenfalls nicht gerade eine Speerspitze pro-europäischer Haltung.

Doch auch Angela Merkel ließ letzte Woche aufhorchen als sie anmerkte, ob man nicht überlegen könne Kompetenzen wieder zurück an die Nationalstaaten zu geben.

Gleich vorweg: ich begrüße eine grundlegende Diskussion um die Kompetenzverteilung in der Europäischen Union. Vor allem deshalb, weil ich der Meinung bin, dass ein grundsätzlicher und ehrlicher Diskurs zur Zukunft der Europäischen Union dringend notwendig ist. Nicht nur Visionen sind derzeit kaum zu finden, die europäische Politik ist hauptsächlich reaktiv und von primär nationalem Wunsch- und Besitzdenken getragen. Gleichzeitig kann aber auch gerade die EU-Kommission nicht aus ihrer europapolitischen Verantwortung entlassen werden: So manche Abteilung der Kommission – offenbar in einer Endlosschleife der permanenten Selbstlegitimation gefangen – hätte den einen oder anderen Vorschlag wohl besser gelassen.

Es ist also durchaus begrüßenswert, wenn eine Diskussion angestoßen wird. Allerdings muss man immer auch auf die Motive und Absichten der handelnden Personen schauen. Im Falle von David Cameron erfolgt der Vorstoß klar aufgrund des zunehmenden Drucks des Anti-EU-Flügels innerhalb seiner Partei und aus dem Wunsch heraus, Brüssel zu schwächen. In einer ähnlichen Situation befindet sich Mark Rutte, getrieben von der EU-kritischen Partei Geert Wilders (der erst dieser Tage erneut mit HC Strache zusammentraf). Wie sehr es bemerkenswert sein mag, dass die Debatte über die Zukunft der Europäischen Union fast ausschließlich von EU Gegnern vorangetrieben wird, so wenig sollten wir das akzeptieren!

Engstirnigen Nationalismus kann man Angela Merkel nun sicher nicht unterstellen, zudem sie mehrfach betont hatte, dass sie gerade nicht in eine Renationalisierungsdebatte habe einsteigen wollen, sondern vielmehr ausdrücken wollte, dass europäische Fortschritte auch in kleineren Kooperationsschritten getätigt werden könnten. Siehe auch: http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/grossbritannien-london-treibt-eu-debatte-voran-12534801.html

Die EU-Skepsis in der Bevölkerung ist groß. Grund genug für einige Parteien in den populistischen Chor der EU-Gegner einzusteigen. Ob das Themen wie EU-Austritt, Euro-Austritt oder gar ein ‚ Nationaler Euro‘ sind: FPÖ, BZÖ und auch das Team Stronach reiten die Welle.

Nun auch – dosierter aber doch – die ÖVP. Wir erinnern uns: die Europapartei.

Schauen wir uns die Aussagen doch näher an: Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik: Das vereinte Europa baut auf dem Gedanken der Grundfreiheiten auf. Eine dieser Grundfreiheiten ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit, also die Möglichkeit und das Recht der grenzüberschreitenden Mobilität der Arbeitskräfte. Allein diese Grundfreiheit macht europäische Antworten zu drängenden Fragen der Arbeits- und Sozialpolitik unumgänglich. Lopatka aber reduziert das Thema allein auf das Einkommensniveau. Das ist populistisch. Fragen wie grenzüberschreitende Pensionsmitnahme oder die Anerkennung von Berufsausbildungen und -abschlüssen sind aber von immenser Bedeutung für diese Mobilität! Bei einer wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise teilweise enorm hohen Jugendarbeitslosigkeit (Beispiel Spanien) zeugt es von einem peinlichen Mangel an europäischer Solidarität, gerade hier nach Renationalisierung zu rufen!

Trotzdem muss man auch an dieser Stelle klar darauf hinweisen, dass die Beschäftigungspolitik eben nicht vergemeinschaftet ist, sondern von den EU-Mitgliedstaaten ’nur‘ koordiniert wird. Das heißt im Klartext: das Heft ist und bleibt weiterhin in der Hand der Nationalstaaten und vor allem der Regierungen (genau wie beim Wasser, übrigens…).

Lopatka spricht von dem Wunsch, dass die demokratische „Legitimität“ von Kommission und Parlament gestärkt werden sollen. Wunderbar! Wir stellt er sich das vor?

Reicht eine Direktwahl des Kommissionspräsidenten hier aus? Würden wir begrüßen, aber sonst?

Ihm wird doch als Staatssekretär nicht entgangen sein, dass die demokratische Legitimation des Europäischen Parlaments vollständig vorhanden ist. (demokratische Direktwahl, Mitentscheidung in fast allen Bereichen). Vielleicht hakt es eher am demokratischen Respekt, den auch österreichische Regierungsvertreter dem Europäischen Parlament bisweilen entgegen bringen?

Konkrete Verbesserungen wären zum Beispiel ein Initiativrecht des Parlaments, also die Möglichkeit, Gesetze selbst auf den Weg bringen zu können. NEOS würde ein solches Initiativrecht begrüßen!

Auch möglich wäre eine weitere Ausdehnung der Mitentscheidung – das würde aber Bereiche betreffen, in denen nach wie vor Einstimmigkeit aller 28 EU-Staaten im Rat notwendig ist – zum Beispiel in der von Lopatka angeführten Sozialpolitik oder, ein wirklich spannendes Thema, in der Steuerpolitik. Darüber kann und sollte man diskutieren!

Noch ein Punkt: Das Subsidiaritätsprinzip strenger einhalten: Gerade mit dem Vertrag von Lissabon wird hier den nationalen Parlamenten eine besondere Aufgabe in der Subsidiaritätskontrolle zugewiesen. Sie können und sollen Alarm schlagen, wenn durch einen Gesetzesvorschlag dieses wichtige Prinzip verletzt wird. Allzu oft hat Österreich nicht davon Gebrauch gemacht und es hat auch keine Beschwerde die notwendige Schwelle sich beschwerender nationaler Parlamente erreicht. Es ist so, dass Mehrheitsentscheidungen nicht immer im Interesse Österreichs und sicher schon gar nicht im Sinne der ÖVP getroffen werden.

Das Fazit:

Einen Konvent unter Beteiligung von nationalen Parlamenten, dem Europäischen Parlament und vor allem auch Bürgerinnen und Bürgern einzuberufen, um über die Zukunft der EU zu diskutieren und eine sinnvolle Reform der EU-Verträge zu beschließen, ist unentbehrlich. Entbehrlich hingegen ist es, eine Renationalisierungsdebatte über EU-Kompetenzen als reines Wahlkampfgetöse anzuzetteln – noch dazu auf derart einfältige Weise ohne Tiefgang.

Die selbsternannte Europapartei ÖVP zeigt einmal mehr auf, dass gerade dann, wenn der Fokus auf parteipolitischen Interessen liegt – wie in einem Nationalratswahlkampf – ihre proeuropäische Haltung schnell zugunsten populistischer EU-Kritik über Bord geworfen wird. Europapolitik ist damit im schlechtesten Sinne in der österreichischen Innenpolitik und ÖVP-Parteipolitik angekommen.

Gestern Abend durfte ich beim ersten Österreichischen Kommunikationstag am Podium gemeinsam mit Vertretern der Parlamentsparteien zum Thema „Ethik im Wahlkampf“ mitdiskutieren. Braucht es ethische Regeln im Wahlkampf? Und wenn ja, wie sollen die ausschauen?

Gleich beim Vorgespräch legte Robert Lugar, Klubobmann des Team Stronach dar, dass sich Stronach für ein Fairnessübereinkommen und eine Abrüstung der Worte im Wahlkampf einsetze. Vorsichtig skeptisch muss man da fragen: Was ist die Absicht eines solchen Abkommens? Es zu fordern und damit die eigene Partei kommunikativ aufzuladen mit dem Thema Fairness? Nicht ganz abwegig, ist dies doch eines der drei Schlagworte die bei Stronach das Programm sind.

Also wozu? Damit dann irgendein Gremium feststellen kann, dass der eine Satz aus dem Programm der einen Partei im Folder der anderen Partei übereinkommenswidrig verwendet wurde? Völlig richtig hier die von ÖVP Wahlmanager Markus Keschmann gebrachten Beispiele aus dem Präsidentschaftswahlkampf Fischer vs. Fererro-Waldner. Bringt’s das also?

Wenn die Absicht einer Handlung nicht moralisch ist – und einen bloßen PR-Gag landen zu wollen ist nicht moralisch – dann ist es auch die Handlung selbst nicht.

Zudem wies Stefan Wallner, Generalsekretär der Grünen ganz richtig darauf hin, dass Politiker sich gegen Untergriffe wehren könnten. Minderheiten jedoch, auf deren Kosten Wahlkampf betrieben wird, nicht. (Stichwort: Daham statt Islam) Mit gutem Beispiel voran wäre hier die Stadt Graz gegangen, die bei der letzten Wahl über den dort eingerichteten Menschenrechtsbeirat ein Wahlkampfmonitoring eingerichtet habe. Freilich ein Monitoring bringt keine Sanktionen, aber Sanktionen bringen wohl nur dann etwas, wenn es die Parteien im Mark trifft, nämlich beim Geld.

Und genau das Geld ist auch der Punkt, der mir bei der Fragestellung und Diskussion gestern zu kurz kam. Wie schaut es denn aus in Österreich mit Parteienfinanzierung, mit deren Transparenz, mit Umgehungsmöglichkeiten. Wie schaut es aus mit überbordenden Inseraten der öffentlichen Hand in Wahljahren? Und was ist mit „amtlicher Wahlwerbung“ wie Volksbefragungen oder Fernsehkampagnen von Ministerien?

Österreich liegt weltweit auf Platz 2 bei der Höhe der Parteienförderung. Pro Kopf und gemessen am BIP hat nur Japan eine höhere. Ca. 30 Euro pro Wahlberechtigten, 200 Millionen Euro im Jahr – Steuergeld – erhalten die im Parlament vertretenen Parteien. Letztes Jahr genehmigten sich die Parteien nochmals einen Zuschlag von 25 Millionen im Jahr. Bei der Transparenz hinkte Österreich lange hinterher, das letztes Jahr beschlossene Transparenzgesetz brachte hier einen großen Fortschritt – bei dem es jedoch Schlupflöcher gibt. So versucht man zum Beispiel über Personenkommittes die Transparenzbestimmungen zu umgehen.

Zum Vergleich: In Deutschland ist das Niveau der Parteienförderung 13mal niedriger. NEOS fordert daher eine drastische Kürzung der Parteienförderung um 75%.

Wirklich empörend ist aber die „amtliche“ Wahlwerbung. Darunter zähle ich Inserate der öffentlichen Hand (die Stadt Wien gab z.B. im ersten Quartal 2013 rund 9 Millionen Euro aus, vorzugsweise an Heute, Österreich und die Kronen Zeitung: http://derstandard.at/1371169666670/Oeffentliche-Hand-warb-im-ersten-Quartal-um-42-Millionen-Euro), aber vor allem auch die beiden Volksbefragungen, die wir im Bund und in Wien heuer im Wahljahr erleben durften. Rein aus wahltaktischen Gründen durchgeführt mit Kosten von über 12 Millionen Euro für den Steuerzahler.

Über die „Wohnbefragung“ der Stadt Wien und die Kinderkampagne des Familienministeriums als „Augenauswischerei der Wähler mit deren Steuergeld“ habe ich schon geschrieben.

Meiner Ansicht nach, ist diese permanente Selbstbedienung der Parteien aus den Steuertöpfen für Wahlkampfzwecke ebenso unethisch. Die Frage ist, ob der Steuerzahler sich am Wahltag wehren wird….

(Dieser Blogbeitrag erscheint auch im NEOS-Journal)