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75 Jahre Zweite Republik

Beate Meinl-Reisinger
Beate Meinl-Reisinger

Es sind große, wichtige und nichtselbstverständliche Jubiläen, die Österreich heuer feiert. 75 Jahre Republik – aus den Trümmern des zweiten Weltkriegs, nach dem unverzeihlichen Gräuel des Holocaust, hat sich Österreich zu einer selbstbewussten liberalen Demokratie entwickelt.

Nur wenige Monate nach Kriegsende traten demokratisch gewählte Abgeordnete, darunter ein paar Frauen, zur ersten, zur konstituierenden Sitzung im Parlament zusammen. Große Staatsmänner des christlich-sozialen wie sozialdemokratischen Lagers bewiesen, dass eine neue politische Kultur, eine Demokratie und wirtschaftlicher Aufschwung nur dann entstehen können, wenn beide Seiten aufeinander zugehen und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Ein neuer politischer Diskurs, der Konsens gesucht hat und den Konsens institutionalisiert hat – zum Beispiel über die Sozialpartnerschaft. Diese Diskursfähigkeit legte den Grundstein für viele Jahrzehnte des Aufschwungs. Und zunehmend des Stillstands.

Das heurige Jubiläumsjahr fällt in eine Zeit der Zäsur und einer schweren Prüfung für unsere Demokratie. Nicht nur für die österreichische, sondern für alle Demokratien weltweit. Eine „demokratische Zumutung“ nannte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel die Pandemie. Ein Virus, das die Welt in seiner Gesamtheit in Atmen hält: gesundheitlich, wirtschaftlich, gesellschaftspolitisch – aber auch demokratiepolitisch.

Zur Bekämpfung dieses Virus wird weltweit –auch in Österreich – massiv in die Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen, gleichzeitig wird der Regierung eine große Macht zugesprochen. Und genau deshalb ist die eine Kernaufgabe des Parlaments heute wichtiger denn je: Kontrolle der Regierung. Kontrolle geht nicht ohne Transparenz und Offenlegung. Kontrolle bedeutet das Einfordern von Rechenschaft! Daten und Analysen dürfen nicht „Herrschaftswissen“ sein – nur so ist Macht beschränkbar und teilbar.

Das Parlament, WIR zum Nationalrat gewählte Mandatarinnen und Mandatare aller Fraktionen – nicht nur der Oppositionsparteien, sondern auch der Regierungsparteien – müssen dieser Aufgabe so nachkommen und sie so erfüllen, dass das Vertrauen der Menschen in die Grundfesten unserer Demokratie nicht ins Wanken gerät. Umso wichtiger ist es, den Geist der Verfassung und demokratische Institutionen zu achten. Die beste Verfassung und die besten Institutionen versagen dort, wo man sich nur noch formal zu ihren Grundsätzen bekennt. Die Einhaltung der Verfassung, die Rechtsstaatlichkeit von Gesetzen und Verordnungen sind kein Luxus von „normalen Zeiten“. Weder die Herausforderung einer Situation noch moralische Appelle dürfen sich über die Verfassung stellen. Das ist der Kern, der die „rule of law“ – die Rechtstaatlichkeit über die „rule of power“ – das Recht des Stärkeren stellt.

Wir feiern heuer nicht nur 75 Jahre konstituierende Sitzung im Nationalrat – wir feiern auch 100 Jahre Österreichische Bundesverfassung. Ein guter Anlass erneut einen Vorstoß zu unternehmen, einen Grundrechtskatalog in der Verfassung direkt zu verankern. Mehr Wissen und mehr Sensibilität um Grundrechte stützen die Demokratie. Das Hochhalten und Einfordern einer gemeinsamen Prinzipien- und Wertebasis würden den Zusammenhalt stärken.

Demokratie benötigt – gerade in schweren Zeiten – vor allem auch Widerspruch und Debatte! Widerspruch, der heutzutage bisweilen nachgerade als. „antipatriotischer“ Akt geframed wird. Ohne Debatte, ohne Widerspruch bleiben nur Macht – auf der einen Seite – und Ohnmacht auf der anderen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass nur ohne Debatte und Diskurs ein Schulterschluss möglich ist. Dass nur dann das Gemeinsame vor das Trennende gestellt werden kann, wenn es keine inhaltliche Auseinandersetzung gibt. Das Gegenteil ist wahr: Nur im gemeinsamen Willen des Ringens um die besten Lösungen wird Demokratie lebendig! Es lebe die demokratische Republik Österreich!

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