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Entlasten! Um neun Milliarden!

Beate Meinl-Reisinger
Beate Meinl-Reisinger

Österreich braucht eine mutigere Steuerreform. Die Belastung der Arbeitskosten muss unter 40 Prozent sinken, um Generationenfairness herzustellen.

Wieder einmal wurde eine „GröStaZ“ angekündigt – eine größte Steuerreform aller Zeiten. Und ja, es wurde eine Tarifreform angekündigt, der Familienbonus neu aufgewärmt, ein paar kleinere Einzelmaßnahmen angekündigt – und das alles unter einander überbietenden Superlativen angekündigt. Letztlich aber ist diese Ankündigung – und mehr kennen wir ja noch nicht – eine Enttäuschung und eine verpasste Chance. Denn genau jetzt, da die Einnahmen noch sprudeln und wir mitten in der Legislaturperiode sind, wäre der richtige Zeitpunkt, echte Reformen auf den Weg zu bringen. Unser Ziel dabei ist klar: Jede und jeder muss sich etwas aufbauen können. Es geht nicht darum, Vermögen umzuverteilen. Es geht auch nicht darum, Vermögen für wenige zu erhalten. Es geht darum, dass die Menschen durch ihr Arbeitseinkommen wieder leichter ein zumindest bescheidenes Vermögen schaffen können. So liegt das Medianeinkommen eines Paares über 65 weit über dem eines Paares mit 35 oder 40 Jahren. Gerade für diese „Leistungsträger“ braucht es mutige Reformen und eine deutliche Entlastung. Und genau das ist derzeit nicht möglich – und wird auch nach einer möglichen Reform der türkis-blauen Regierung nicht möglich sein.

Was ist zu tun? Wenn wir bei den Zahlen ansetzen, dann wird es sehr deutlich: Die gesamte Belastung der Arbeitskosten liegt bei 49,5 Prozent. Das ist zu hoch. Wir müssen uns nicht wundern, wenn sich Arbeitnehmer nichts aufbauen können und Unternehmer aufgrund der viel zu hohen Lohnnebenkosten kaum in neue Mitarbeiter investieren können. Der Satz: „Mehr Netto vom Brutto“ darf keine leere Phrase mehr sein. Die Belastung der Arbeitskosten ist zu hoch und gehört auf unter 40 Prozent gesenkt. Das kostet Geld – ich rede hier von einer Entlastung von neun Milliarden Euro. Eine ernst gemeinte Steuerreform muss also jedenfalls in diesem Volumen erfolgen. Gleichzeitig ist es Aufgabe jeder Regierung, an die kommenden Generationen zu denken. Wenn Türkis-Blau wirkungsvolle Antworten gegen den Klimawandel geben will, dann führt kein Weg an einer Ökologisierung des Steuersystems vorbei – mit einer CO2-Steuer. Wir können lange über Plastiksackerlverbot und Elektroautos, die die Busspur benützen dürfen, diskutieren. Spürbare Veränderung wird es aber nur geben, wenn das Steuersystem umgestellt und verstärkt auf den Verbrauch gesetzt wird. Länder wie Schweden haben gezeigt, dass das ohne Wettbewerbsnachteile für die Wirtschaft geht. Das Ziel einer solchen Lenkungsmaßnahme muss sein, Innovation und erneuerbare Energien zu fördern, um dadurch neue Arbeitswelten und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Unternehmen sollen dort entlastet werden, wo Vermögen im Unternehmen bleibt, wo Innovationen und Investitionen stattfinden. Auch hierzu liegt kein Vorschlag vor. Radikale Ansätze von Seiten der türkis-blauen Regierung sind einfach nicht vorhanden.

Wohl auch, weil der Spielraum für den großen Wurf fehlt. In Wahrheit zahlen sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ihre Steuerreform selbst. Es handelt sich um das System „linke Tasche – rechte Tasche“, das nun auch von Türkis-Blau prolongiert wird. Die „kalte Progression“ wird nicht abgeschafft: Was den Steuerzahlern durch die- se schleichende Steuererhöhung zunächst genommen wird, wird ihnen dann – zum Teil – durch die „Reform“ von Finanzminister Löger „großzügig“ wieder zurück- gegeben. Das ist ein Taschenspielertrick und damit ein Bruch des Versprechens so- wohl von Kanzler Kurz als auch Vizekanzler Strache, denn beide versicherten vor der Wahl, die „kalte Progression“ rasch abschaffen zu wollen. Spielraum für einen wirklich großen Wurf wie die eingangs erwähnten neun Milliarden ist auch deshalb nicht vorhanden, weil große ausgabenseitige Reformen fehlen. Die Rede ist neben einer mutigen Verwaltungsreform und einer Durchforstung des Förderdschungels von der Notwendigkeit, endlich generationenfair Pensionen zu sichern. Die chronische Unterfinanzierung des Umlagesystems führt zu immer millionenschwereren Zuschüssen aus dem Budget. Die Verlierer sind die Jungen und „Mittelalterlichen“, die diese Last mit Steuern zahlen, selbst aber um ihre Absicherung im Alter bangen müssen. In beiden Punkten ist die türkis-blaue Regierung gefragt – Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ich erwarte endlich Schritte in die richtige Richtung.

Dieser Beitrag wurde als Gastkommentar im trend am 1.2.2019 veröffentlicht.

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