Heute wurde in Marrakesh der UN Migrationspakt diskutiert und per Akklamation angenommen. Österreichs Bundesregierung hat nach den USA und Ungarn erklärt, dem Pakt nicht beitreten zu wollen. Was folgte war Kritik vom Bundespräsidenten. Wir NEOS hoben die Debatte ins Parlament und versuchten mittels Antrag die Regierung umzustimmen.
Dem Nein von ÖVP und FPÖ waren Wochen einer gezielten Kampagne von Seiten der FPÖ, rechtspopulistischer bis rechtsextremer Gruppen voraus gegangen. Sie unterstellten, der Pakt würde ein „Menschenrecht auf Migration“ verankern. Sachliche Einwände, dass Menschenrechte wohl für alle Menschen gelten, die Souveränität Österreichs rein prinzipiell durch multilaterale Vereinbarungen nicht in Bausch und Bogen in Frage gestellt werde und, dass zwischen einer politischen Willenserklärung und einem daraus abgeleiteten Recht ein beinah unmöglich langer Weg liegt, wurden abgeschmettert.
Dabei hätte die Bundesregierung gerade in Zeiten der Ratspräsidentschaft es in der Hand gehabt, für eine einheitliche Linie der EU aktiv zu sorgen. Ja, vielmehr wäre es ihre Pflicht gewesen. Bedenken, die bestehen, hätte man mit einer gemeinsamen Erklärung der EU deutlich zum Ausdruck bringen können in Marrakesh. Stattdessen brüsteten sich Kanzler Kurz, Vizekanzler Strache und Armaden an PR-Vertretern damit, dass Österreich mit dem Nein Vorreiter innerhalb Europas und auch außerhalb wäre. Geradezu jubelnd wurde begrüßt, dass weitere Staaten sich vom Pakt zurückziehen würden.
Genau darin liegt der eigentliche Skandal. Gerade im Erinnerungs- und Gedenkjahr feierte sich das offizielle Österreich dafür ab, Europa gespalten zu haben. Wie weit die Spaltung geht, sieht man an den aktuellen Entwicklungen in Belgien, wo die Debatte um den Pakt die Regierung gesprengt hat: auch hier waren es die Nationalisten, die die Regierung gesprengt hatten. Österreich ist wieder einmal vorne dabei, Europa zu spalten. Und das in der Zeit der Ratspräsidentschaft. Von der FPÖ war nichts anderes zu erwarten. Von der ÖVP schon. Heimat bist Du großer Zündler, ich bin beschämt.
Es wäre so wichtig die globale Herausforderung Migration in einem ersten Schritt in Ansätzen einmal global zu regeln, um gerade auch den Druck auf Europa zu verringern. Stattdessen verließ man den konstruktiven gemeinsamen Weg und gab einem Meinungsmainstream nach getrieben von Populismus und Nationalismus.
Dass Österreich dem parallel dazu verhandelten UN Flüchtlingspakt seine Zustimmung erteilt und die FPÖ nun in Erklärungsnotstand geraten ist, wie zahllose böse Kommentare und der peinliche Versuch einer Distanzierung am Freitag via die Krone zeigen, ist grotesker Nebenhandlungsstrang.
Es zeigt wie eng es wird, wenn man die Zauberkraft des Populismus entfesselt und plötzlich mit Sachpolitik konfrontiert wird. Die wütenden Geister, die man selbst gerufen hat, wird man nicht los. Der Blick auf die destabilisierende Wirkung dieser Geister in anderen Ländern zeigt, dass die Spalter und Nationalisten breitest durch die Türen gedrungen sind, die man ihnen geöffnet hat. In die Räume der Mitte von Regierungen und Gesellschaft. Russland reibt sich die Hände. Aber der Knicks Österreichs vor Russland ist ohnehin schon vollzogen.
Danke für diesen treffenden Aufsatz.