ORF einmal ohne Parteipolitik mit scharf und mit ohne GIS

NEOS will die GIS abdrehen. Schon über 135.000 Menschen haben sich dem Wunsch angeschlossen. Armin Wolf ist dagegen. So weit so überschaubar die Faktenlage. Die ORF-Redakteure haben nun ihrerseits einen Vorschlag zur Reform der GIS vorgelegt, wobei „Reform“ hier der falsche Begriff ist: Der Redakteursausschuss spricht sich für eine automatische Inflationsanpassung der GIS alle zwei Jahre aus.

Gesetzliche Valorisierungen gibt es beispielsweise auch bei den Gebühren in Wien für Wasser, Kanal, Müll und Parkometerabgaben. Und natürlich auch für die Parteienförderung. Diese gesetzliche Preistreiberei (schließlich heizen automatische Valorisierungen die Inflation an) ist kommod für die Institutionen, die davon profitieren. Im Gegensatz zu Preisbildungen am Markt muss man kein Gleichgewicht dabei finden und im Gegensatz zu beispielsweise Kultureinrichtungen, die keine jährliche Valorisierung der Förderungen erhalten, sind diese Institutionen dann auch nicht gezwungen, effizienzsteigernde Maßnahmen zu setzen oder besser zu wirtschaften.

Dass man so den ORF vom parteipolitischen Gezerre befreien könne, ist ein Wunschdenken und wohl eher ein populistisch vorgeschobenes Argument.

Will man den parteipolitischen Machtpoker um den ORF wirksam unterbinden, muss man zuerst eine Gremienreform machen. NEOS hat hierzu Vorschläge präsentiert und diese Forderung ist auch ein wesentlicher Teil unserer Unterschriftenaktion http://gisabdrehen.at. Von anderen Seiten vermisse ich Vorschläge.

Die beiden anderen wesentlichen Punkte unserer Forderung sind es, einen ORF, der sich auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag – also das Gemeinwohl konzentriert – auch auf neue, zukunftsfitte finanzielle Beine zu stellen.

Und ja, die Frage ist legitim: Warum sollte eine Steuerfinanzierung besser als eine Gebühr über die GIS sein und schafft das nicht noch mehr parteipolitisches Gezerre rund um den ORF?

Prima facie ja, denn das Budget beschließt der Nationalrat und da drin sitzen Parteien. Auf den zweiten Blick muss man aber anführen, dass die parteipolitische Einflussnahme jetzt in einem ungehörigen Ausmaß über die Gremien passiert (weshalb wie auch oben beschrieben eine Gremienreform weit wichtiger ist). Zudem gäbe es Lösungen auch für eine Budgetfinanzierung, die das jährliche Gezerre reduzieren würden, etwa über einen Fonds.

Das Problem der GIS? Sie ist nicht treffsicher und nicht „zukunftsfit“.

Ich selbst bin das beste Beispiel. Seit der Umstellung auf DVBT-2 (simpli TV) kann ich kein TV mehr empfangen. Mein Fernseher bleibt schwarz, nicht einmal bezüglich der GIS spricht er zu mir (ich zahl sie ja aber auch). Freilich kann ich in der tvthek die ZIB 2 streamen oder nachschauen. Mein Fernseher bleibt aber schwarz. Aber: Für das Schauen von ORF Content über mein Notebook fällt laut ORF Gesetz keine GIS an. Für den schwarzen Fernseher schon. Der ist nämlich eine Rundfunksempfangseinrichtung. Mein Notebook nicht.

Jetzt schließen wir mal alle die Augen und stellen uns die Fernsehwelt der Zukunft vor (die, in der meine Kinder mit on demand aufwachsen und schon mit 2 Jahren das Bild, das sich am Fernsehgerät zeigt, weg wischen wollen, weil sie lieber Peppa Wutz über Netflix schauen als die Live-Übertragung der Nationalratssitzungen über ORF III). Wie soll da eine GIS zukunftsfit oder gar treffsicher sein?

Und nun einmal noch erneut zum Vorwurf einzelner ORF Redakteure, NEOS wolle den ORF „zerschlagen“. Nein, wollen wir nicht, ganz im Gegenteil. „Die Stärkung der öffentlich-rechtlichen Sender in ganz Europa“ sei „wesentlich für das Überleben von Qualitätsjournalismus und damit für eine Stärkung der Demokratie“, hielt der Redakteursausschuss abschließend fest. Das können wir (unter Einbeziehung und Wertschätzung der zum Teil ausgezeichneten Information von privaten Sendern) unterschreiben. Dazu muss sich aber der ORF auf das konzentrieren, was seine Kern-Aufgabe ist. Nämlich das Programm zu liefern, das nicht bloß Unterhaltung ist und auch locker von Privaten gemacht werden kann. Sondern auf den Bildungsauftrag und auf unabhängige Information. Dazu braucht es weniger Parteieneinfluss im ORF und eine Orientierung an einem gesellschaftlichen Mehrwert. Und eine zeitgemäße Form der Finanzierung.

3 Kommentare zu “ORF einmal ohne Parteipolitik mit scharf und mit ohne GIS”

  1. Hanns Palme

    Liebe Beate, danke für den treffsicheren Artikel, der das Problem auf den Punkt bringt.
    Die Gremien basieren leider auf den historisch gewachsenen und verkrusteten Strukturen, deren Aufbrechen wir uns als Aufgabe gemacht haben.
    Ein starker öffentlich rechtlicher ORF, unabhängig vom jeweiligen Finanzminister, ist, wie Du sagst, aus demokratiepolitischen Gründen, gerade in einer sich in allen Dimensionen, auch medienpolitisch sich so rasch verändernden Zeit ungeheuer wichtig.
    Frohe Weihnachten, Hanns

  2. Christian Flury

    Liebe Beate, wie immer argumentierst Du sehr gut. Dein Artikel hilft auch sehr, unsere Vorstellungen jenen näher zu bringen, die unserer Kampagne aufgrund einer – auch meiner Meinung nach – relativ populistisch angehauchten Kommunikation wenig abgewinnen konnten („Gebühren pfui“). Ich persönlich finde insbesondere Ö1 sehr wichtig, das ist ein fantastischer Radiosender, der europaweit gehört wird (und gehört gehört :-)), aber beim Fernsehen hat meiner Ansicht nach Puls4 die ORF-Sender in Sachen Bildungsauftrag schon lange überholt. „Pro&Contra“ auf Puls4 und „Im Zentrum“ im ORF – da liegen Welten dazwischen, und man könnte meinen, das private Puls4 habe einen steuerfinanzierten Bildungsauftrag, nicht der ORF. Was wir hier machen, ist in meinen Augen ein guter Anfang, aber noch nicht besonders weitreichend. Liebe Grüße, Christian