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Was Traiskirchen mit einer "Brennpunktschule" in Wien zu tun hat

Beate Meinl-Reisinger
Beate Meinl-Reisinger

Hier folgt ein Blogbeitrag, den ich vor Tagen geschrieben habe, jedoch noch nicht online gestellt habe. Angesichts der unfassbaren Tragödie der toten Flüchtlinge im Burgenland – wie auch der gestern wieder hunderten Ertrunkenen im Mittelmeer, habe ich überlegt den Titel zu ändern. Ich tu es aber nicht. Am Schluss jedoch gehe ich auf gestern ein.

Vergangene Woche war ich in Traiskirchen, um Sachspenden vorbei zu bringen und mir vor Ort einen Eindruck zu machen. Es war erschütternd. Mein erster Gedanke: „Das ist doch jetzt nicht Österreich, was ich hier sehe.“

Ich habe größten Respekt und bin dankbar, dass viele Menschen in Österreich sich privat engagieren und diesen Menschen helfen. Ohne diese Menschen wäre das Leid noch viel schlimmer, als es auch so schon ist. Das darf aber nicht über das Versagen des Staates hinwegtäuschen: Denn es ist empörend, dass ein Hochsteuerland wie Österreich, dass sich bei zahlreichen Großevents – seien es der Song Contest oder sportliche Ereignisse – für seine Organisationskraft feiern lässt, nicht in der Lage ist, Flüchtlingen die allernötigste Grundversorgung und menschenwürdige Lebensbedingungen zu ermöglichen. Die Zivilgesellschaft übernimmt hier dankenswerterweise Aufgaben, für die verdammt nochmal der Staat zuständig ist.

Genau dafür brauchen wir ihn nämlich: für die Organisation des Gemeinwesens. Und genau hier versagt er. Genau hier versagt das gesamte politische System in Österreich. Bund, Länder und Gemeinden schieben einander den schwarzen Peter zu und machen jeweils die andere Einheit verantwortlich für das komplette Managementversagen.

Ist die Flüchtlingsfrage leicht zu lösen? Nur auf FPÖ Briefpapier und dann jedenfalls nicht auf dem Boden der Menschenrechte. Jedenfalls muss das Thema auf europäischer Ebene angegangen werden – und auch hier versagt das politische System. Erhard Busek hat aber völlig recht, wenn er wie neulich in der ZIB2 darlegt, dass wir die EU sind – also gerade unsere Bundesregierung.

Aber: ich kann und will nicht glauben, dass eine menschenwürdige Unterbringung und rudimentäre Grundversorgung nicht besser gemanaged werden kann als es bisher der Fall war. Fährt man nach Traiskirchen, gewinnt man nämlich den Eindruck, dass es gar nicht gemanaged wurde und wird. Die Bundesregierung versagt auf allen Ebenen. Immerhin sind bereits mindestens 3 Ressorts (Innenministerium, Außenministerium und Verteidigungsministerium samt Bundes- und Vizekanzler involviert) Und mit ihr, die Landeshauptleute und Bürgermeister.

So lange aber der Föderalismus in Österreich so gestrickt ist, dass es keinen echten Verantwortungsföderalismus gibt, solange jeder Bürgermeister (und Bürgermeisterin) in den Gemeinden auf die nächste Wahl schielt, so lange die Bundesparteien innerparteilich am finanziellen Gängelband der Landescapos gehen – so lange wird es kein ordentliches Management in der Sache geben.

Und hier kommt der Vergleich zur Brennpunktschule in Wien – sagen wir mal Rudolfsheim-Fünfhaus. Seit Jahrzehnten wissen wir, dass das Schulsystem eine riesen Baustelle ist. Seit Jahren schauen wir zu, wie Österreich herabsinkt in Bildungsrankings. In Rudolfsheim-Fünfhaus verlässt ein Gutteil der Schüler_innen die Brennpunktschule und kann nicht sinnerfassend lesen. Jahr für Jahr. Wir schauen zu, wie der Satz „Sag mir woher Du kommst und ich sag Dir wie weit Du es auf dem Bildungsweg bringst“ Jahr für Jahr gilt. Und warum macht niemand was? Die Bildungsreformgruppe wird nun mitdirigiert von Michael Häupl. Einziges Ansinnen: der Zugriff der Länder auf die Lehrerinnen und Lehrer. Bildungspolitik ist ebenso Machtpolitik wie die Flüchtlingskrise.

Dieses politische System ist nicht mehr in der Lage für Lösungen zu Sorgen. Die einzige Sorge, die es hat, ist, sich selbst zu erhalten.  Und andere für sein Versagen verantwortlich zu machen.

Angesichts der toten Flüchtlinge im Burgenland und der wieder ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer: Ich bin tief betroffen und fühle mit den Menschen, die Tag für Tag ihr Leben aufs Spiel setzen um Schutz vor dem grausamen Krieg zu suchen. Sie haben keinen Fehler gemacht. Der Fehler liegt daran, dass es keine sicheren Reisewege gibt, dass es die Dublin Verordnungen gibt, dass es keine gemeinsame Asylpolitik in Europa gibt. Der Fehler liegt daran, dass Einzelne von dem Leid dieser flüchtenden Menschen profitieren. Übrigens auch Politiker – insbesondere am rechten Rand.

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