Überdimensional

„Für mich ist die wichtigste Managerin eine Frau, die zu Hause ist. Wenn sie auch noch berufstätig ist, ist das eine überdimensionale Aufgabe“.

Das sagte offenbar jüngst Finanzminister Hans Jörg Schelling. Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.

Für ihn ist „die wichtigste Managerin eine Frau, die zu Hause ist“. „Für ihn“ kann heißen: für ihn ganz persönlich oder für ihn in seiner Weltanschauung. Im ersteren Fall geht es wohl um die innerfamiliäre Schelling’sche Aufgabenaufteilung – das geht niemanden was an. Für ihn in seiner Weltanschauung ist schon spannender und ich denke, dass es darum geht, da Schelling ja von „einer“ Frau und nicht von „seiner“ oder „der“ Frau spricht. Also allgemein.

„Die wichtigste Managerin“. Es geht also um eine Reihung unter Managerinnen. Ganz allgemein versteht man unter Managerin eine Frau, die in der Geschäftswelt Management-Aufgaben in (wohl in gewisser Weise) leitender Stellung ausübt. Dieses gewohnte Bild zu verlassen und eine Hausfrau damit zu bezeichnen soll wohl Ausdruck der Wertschätzung gegenüber der Arbeit von Hausfrauen sein. Dagegen gibt es jetzt nichts einzuwenden, denn die viele unbezahlte Arbeit hat sich wahrlich Wertschätzung verdient. Vor allem, wenn dann auch noch der Job als Mutter dabei ist (wovon man ausgehen kann, wenn davon die Rede ist, dass die Frau zu Hause ist, was aber nicht zwingend darunter zu verstehen ist).

Er sagt nicht – und das ist die gute Nachricht: „Für mich ist die wichtigste Frau eine Managerin zu Hause.“ Das hätte etwas über das Frauenbild des Finanzministers gesagt. So sagt er uns aber nur was über sein Managerinnenbild.

„Wenn sie dann auch noch berufstätig ist“: „auch noch“ deutet auf etwas Additives hin. Es geht also jedenfalls um mehr Hacke – so viel ist schon mal klar.

„Dann ist das eine überdimensionale Aufgabe“. Daran kiefle ich am meisten. Was heißt überdimensional? Die Dimension ist die räumliche oder zeitliche Abmessung einer Sache. Überdimensional heißt dann: über die räumliche Abmessung oder die zeitliche Abmessung hinausgehend. Wobei es hier ja um die Abmessung einer Aufgabe geht. Rein räumlich ist das natürlich nur ein Thema, wenn die Aufgabe zum Beispiel darin besteht, ein Haus in Schuss zu halten und die räumlichen Grenzen des Hauses die Dimensionen vorgibt. Bewegt man oder „eine Frau“ sich raus aus dem Haus, ist das dann überdimensional?

Dann wohl eher zeitlich: Die Dimension der Aufgabe ist die zeitliche Belastung als Hausfrau. Und wenn dann „auch noch“ Berufstätigkeit hinzukommt (fraglich ist, ob Schelling das synonym für Erwerbstätigkeit sieht – als Finanzminister sei ihm dazu geraten), dann ist die zeitliche Dimension gesprengt. Die Kernfrage ist: Kann eine überdimensionale Aufgabe überhaupt erfüllt werden?

Wenn die Dimension zum Beispiel in 24 Stunden pro Tag besteht, minus sagen wir 8 Stunden für Schlaf, Körperpflege und etwas Entspannung – also in 16 Stunden, dann geht es wohl nicht. Überdimensional hieße dann, dass sich Duschen wirklich nicht mehr ausgeht.

Aber es ist völlig klar: Für Job und Haushalt (und Kinder) braucht es jedenfalls mehr Zeit. Dem ist absolut nicht zu widersprechen. Auch mein Mann widerspricht nicht. Der hat nämlich auch überdimensionale Aufgaben.

Nix für ungut Herr Schelling. Vielleicht wollten sie Ihre Wertschätzung den Frauen gegenüber aussprechen, die Haushalt und Kinder schupfen (gar nicht selten). Oder sie wollten ganz besondere Wertschätzung berufstätigen Frauen gegenüber aussprechen, die auch noch den Haushalt und die Kinder schupfen (steigende Zahl). Ein wenig danebengegangen ist das wohl….

1 Kommentare zu “Überdimensional”

  1. Luke Lametta

    Wirkt etwas künstlich, die Aufregung. So hellgrün irgendwie. #kreisch