Wien verpulvert Millionen in Eigenwerbung während die Schulden der Stadt die Spielräume für die Zukunft einengen.
In seinem jüngsten Rohbericht prüfte der Rechnungshof die Wiener Stadtfinanzen. Das Ergebnis ist wenig überraschend und ernüchternd: 2014 wird der Schuldenstand der Stadt Wien auf rund € 4,6 Mrd. steigen. Das bedeutet 100 Millionen Euro an jährlicher Zinslast. Das sind rund € 270.000 am Tag oder rund € 11.000 pro Stunde.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Schulden, was geht mich das an? Mantra-artig wiederholt deshalb auch die für die Finanzen zuständige Vizebürgermeisterin Brauner, dass die Stadt in der Krise investieren müsse.
Das ist richtig und falsch. Das Problem ist erstens, dass die Stadt nicht nur in der Krise über die Verhältnisse gelebt hat. Zweitens zeigen die Daten, dass trotz massiv steigender Ausgaben keine relevanten Effekte am Arbeitsmarkt eintreten. Sprich: es gibt nicht weniger Arbeitslose.
Das ist aber leider nur die halbe – wenn auch schon triste – Wahrheit: An allen Ecken und Enden droht Wien die Schuldenlast zu erdrücken. Ausgewiesen sind nur die direkten Schulden der Stadt Wien. Aber was ist zum Beispiel mit Wiener Wohnen? Kolportiert werden Schulden zwischen 2,5 und 3 Milliarden Euro. Sie wollen es genauer wissen und suchen den Geschäftsbericht? Fehlanzeige. Auf der Suche nach den weiteren Verbindlichkeiten ausgegliederter Unternehmungen kann man sich im Geschäftsbericht der Wien-Holding (diese hält über 75 Unternehmen im Eigentum der Stadt) auf die Suche begeben und wird dort vor allem auf schöne Bilder stoßen.
Apropos schöne Bilder: Die Wiener Landesregierung reagiert auf dieses Finanzdesaster mit einer Erhöhung der Werbeausgaben für das Wahljahr – und zwar deftig. Der Song Contest macht es möglich und schon wird das Marketing Budget der Stadt um 60% erhöht. Und nein, das ist leider kein Witz sondern bittere Realität.
Ist der für die städtische PR-Arbeit zuständige Presse- und Informationsdienst (PID) vor zehn Jahren noch mit 28,2 Millionen Euro ausgekommen, schlug dieser Posten 2013 mit 53,3 Millionen zu Buche – eine Steigerung um 89% in nicht ganz zehn Jahren! Der Bürgerdienst der Stadt Wien hat übrigens ein jährliches Budget von 370.000 Euro und damit sogar um 6.000 Euro weniger zur Verfügung als noch 2004.
Großzügig ist Wien also weniger beim Service am Bürger als bei Kampagnen.
Das zeigt auch ein Blick auf die Ausgaben für Inserate: Im 2. Quartal gab Wien samt stadteigenen Unternehmen über 10 Millionen Euro für Inserate aus.
Werbung ist alles. Hochglanz statt sanierter Finanzen. Kosten auf Kosten der nächsten Generation. Aber was kostet die Zukunft?
Wenn Vizebürgermeisterin Brauner davon spricht, dass Wien im Vergleich mit anderen Bundesländern nicht so schlecht da stehe, dann ist das reine Rhetorik.
Hier nützt ein Vergleich mit München:
Während die Finanzschulden der Stadt Wien im Vergleichszeitraum 2007 – 2011 von 1,2 Milliarden Euro auf 4 Milliarden Euro zunahmen (von 2007 bis heute eine Verdreifachung der Schulden!), sank die Verschuldung der Stadt München im selben Zeitraum von 2,3 Milliarden Euro auf 1,4 Milliarden Euro. Die pro Kopf Verschuldung stieg im Vergleichszeitraum in Wien von 740 Euro auf 2.364 Euro, während sie in München von 1.753 Euro auf 991 Euro abnahm. Die Wiener Stadtregierung begründet die steigende Verschuldung der Gemeinde mit Investitionen, die zu einer positiven Entwicklung des Arbeitsmarkts führten. Vergleicht man die Entwicklungen der Beschäftigungszahlen und der Finanzschulden beider Städte, so ist ein positiver Arbeitsmarkteffekt durch Aufnahme von Finanzschulden nicht nachweisbar.
Sowohl in Wien als auch in München nimmt die Wohnbevölkerung zu, die Anzahl der Beschäftigten ist in beiden Städten nahezu gleich. Vergleicht man die Bevölkerungsentwicklung 2007 – 2011, so zeigt sich, dass die Wohnbevölkerung in München im Vergleichszeitraum um 4% und in Wien um 2,5% zugenommen hat. Im selben Zeitraum stieg die Arbeitslosigkeit in Wien von 8,5 auf 10,2%, während sie in München von 6 auf 5% abnahm (Eurostat; Statistik Austria und Statistik Bayern; AMS und Bundesagentur für Arbeit; Stadt München; Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Wien).
Was kostet also die Zukunft? Jedenfalls den nötigen Spielraum für dringend nötige Investitionen in Bildung, in Forschung und Entwicklung und natürlich auch in Wohnen. Jedenfalls kostet es eine Entlastung der erdrückenden Steuer- und Abgebanlast. Es wird eng, das wissen auch SPÖ und Grüne in Wien, weshalb beide mit einem Aufweichen des Stabilitätspakts liebäugeln. Purer Wahnsinn.
Hochglanzbroschüren, schöne Bilder und Inserate helfen nicht. Was es braucht sind Reformen:
Hier ein paar Punkte:
Wir brauchen Spielräume für die Zukunft. Durch Reformen. Jetzt!