Ein wichtiger und irrer Plenartag

Heute, der dritte Plenartag in Folge. Leicht ermüdet, nicht nur durch die politische Debatte der vergangenen Tage, sondern auch – ich gestehe – durch die Fußball WM, ist es für mich heute ein wichtiger Plenartag. Und ein bisschen ein irrer. Zweiteilen müsste man sich.

Wie auch der ORF heute schreibt  stehen heute gleich drei wesentliche Dinge an. Alle drei Angelegenheiten habe ich intensiv begleitet.

Erstens steht die 15a Vereinbarung zum Ausbau der Kinderbetreuung auf der Tagesordnung. Hierzu habe ich schon gebloggt. Zusammenfassend lässt sich hierzu sagen: diese Vereinbarung hat grobe Mängel, die auch der Rechnungshof moniert. Der gröbste Mangel ist meiner Meinung nach, dass der Bund hier viele Chancen verpasst. Vor allem die Chance endlich einen bundeseinheitlichen Qualitätsrahmen zu schaffen. Zudem sinkt die Verpflichtung seitens der Länder zur Kofinanzierung deutlich. Zudem – und das halte ich für eine unredliche Trickserei – können Investitionen von privaten Kinderbetreuungsträgern in den Bundesländeranteil hineingerechnet werden.
Zudem: Die angestrebte Verbesserung der Betreuungsbedingungen (Qualität hinsichtlich Gruppengröße oder Betreuungsschlüssel oder Öffnunsgzeiten) erfolgt nur vielleicht – jedenfalls freiwillig. Der Bund gibt höhere Zuschüsse, wenn bestimmte Qualitätsmerkmale erreicht werden. Das ist meiner Meinung nach zu wenig. Wenn der Bund Geld gibt, dann muss er festlegen können, welche Qualität er möchte. Anreize sind zu wenig, das zeigt auch der Blick in die Kindertagesheimstatistik, der zeigt, dass in vielen Bundesländern die Betreuungssituation alles andere als ideal ist (So hat zB in Vorarlberg mehr als die Hälfte der Kindertagesheime nur bis zu 40 Wochen im Jahr geöffnet!).
Last but not least bringt die neue Vereinbarung gegenüber der alten sogar eine Verschlechterung hinsichtlich der geforderten Öffungszeiten. Kinderbetreuungseinrichtungen (die nun aber erstmals explizit als Bildungseinrichtungen genannt werden) müssen nur 45 Wochen im Jahr geöffnet haben – 7 Wochen zu! Ein Irrinn für berufstätige Eltern!
Dennoch teilen wir das Ziel und werden zustimmen mit viel Bauchweh. Ich halte es tatsächlich für einen wichtigen und richtigen Schritt in Kinderbetreuung zu investieren. Aus zwei Gründen. Einerseits um Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser zu ermöglichen und andererseits, weil der internationale Vergleich zeigt, dass es in den Ländern, in denen es ein gutes (quantitativ und qualitativ) Angebot an Kinderbetreuung gibt, eine höhere Geburtenrate gibt.

Zweitens geht es heute um die durchaus umfassende Strafprozessordnungs-Reform:
Auch hier werden wir mit noch mehr Bauchweh zustimmen. Insbesondere das nun dann wieder eingeführte Mandatsverfahren, das heißt eine Verurteilung ohne Gerichtsverhandlung, muss man ganz besonders kritisch in der Praxis beobachten. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit einer höheren Verfahrensökonomie: Eine Verurteilung und damit eine Vorstrafe ohne Verfahren bringt große Risiken in Punkto Rechtsstaatlichkeit. Die angebliche Begrenzung der Ermittlungsdauer bei der Staatsanwaltschaft, die die Reform bringt soll, ist im Übrigen nichts als bloße Makulatur. Scharf zu kritisieren ist jedenfalls die kurze Begutachtungsfrist. Bei einer Reform solchen Ausmaßes ist es unverständlich, warum man ohne Not die Novelle noch vor dem Sommer durchpeitschen muss. Im Zuge der Debatte werde ich einen Antrag auf vollen Kostenersatz bei Freispruch einbringen.

Drittens steht wohl heute eine Einigung zur U-Ausschuss Reform an. Der Untersuchungsausschuss wird dann endlich zum Minderheitsrecht! Und damit wird der Weg frei zur lückenlosen Aufklärung der politischen Verantwortung des größten Finanzdebakels der 2. Republik, der Hypo Alpe Adria.
Die (hoffentlich) letzte Verhandlungsrunde steht um 14 Uhr heute an. Da ist gleichzeitig wahrscheinlich die Debatte zur Kinderbetreuung. Matthias Strolz wird dann wohl in die Runde gehen. Er müsste aber zum nächsten Tagesordnungspunkt zum Ausbau ganztägiger Schulen sprechen. Vielleicht übernehme ich die Rede, dann kann er drin bleiben in der Runde. Davor ist er übrigens in der ORF III Aufzeichnung, danach im ATV Interview.  Gerade hatte ich ein ZIB2 Interview zum schlechten Image der Politiker. Vielleicht liegt einer der Gründe in der Gehetztheit der Debatte?

2 Kommentare zu “Ein wichtiger und irrer Plenartag”

  1. Thomas Planinger (@plani13)

    Voller Kostenersatz bei Freisprüchen im Strafprozess ist eine wichtige und richtige Forderung. Rechtskräftig freigesprochenen Angeklagten sollte keinerlei Schaden aus dem gegen sie geführten Verfahren entstehen. Hierzu sollten insbesondere Strafverteidigerkosten (in angemessener Höhe) staatlich refundiert werden. Außerdem sollte man sich hinsichtlich der Refundierung sonstiger Kosten an der bereits bestehenden Regelung für Zeugen im Strafverfahren orientieren. Danke für das Einbringen dieser wichtigen Forderung im Nationalrat!

  2. Johannes

    Konsequenterweise müsste aber auch das Budget der Behörde mit den dabei anfallenden Kosten belastet werden, die den unnötigen Prozess herbeigeführt hat.